Studie: Entwicklungsdienstleister können von der Transformation des Automobilsektors profitieren

    Berlin, 23. Juli 2020

    Veränderte Rahmenbedingungen beachten

    In 2030 wird das Auftragsvolumen für die Entwickler von Fahrzeugen und Fahrzeugtechnologien rund 29 Milliarden Euro pro Jahr betragen. Dies ist das Ergebnis einer umfassenden Analyse des EDL-Sektors, die der VDA in Kooperation mit dem Beratungsunternehmen Stahl Automotive Consulting erstellt hat. Dieses Wachstum verlangt der Industrie jedoch eine große und rasche Anpassungsleistung ab, die vielleicht nicht alle Spieler erbringen können. Insbesondere mittelständische EDL könnten unter Druck geraten. Die Studie hat für die EDL-Branche in der global transformierten Automobilindustrie, drei Normstrategien identifiziert, durch die die EDL als wichtige Wertschöpfungspartner ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen können: Die Strategie „Commodity“ erfordert hohe Kosteneffizienz verbunden mit Skaleneffekten und Standortoptimierung. Die Strategie „New Tech“ zielt auf Technologieführerschaft in innovativen Bereichen, und die Strategie „Gesamtfahrzeug“ schließlich, zielt auf ein sehr breites Leistungsportfolio und globale Präsenz.

    Entwicklungsdienstleister (EDL) sind ein wesentlicher Teil der automobilen Wertschöpfungskette. Vor Beginn der Coronapandemie konnten Entwicklungsdienstleister – trotz der Transformation der gesamten Branche – bis zum Jahr 2030 mit einer guten Auftragslage bei traditionellen Automobilherstellern und Zulieferern rechnen. Im Jahr 2030, so die Studie, werde das Auftragsvolumen für die Entwickler von Fahrzeugen und Fahrzeugtechnologien aller Voraussicht nach mit 29 Milliarden Euro deutlich höher liegen als im Jahr 2019 (20,5 Milliarden Euro). Dies ist eines der Ergebnisse einer umfassenden Analyse des EDL-Sektors, die im Auftrag des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) – der die Kräfte der Automobilindustrie bündelt und neben Automobilherstellern und -zulieferern ebenso die EDL, vielfach mittelständisch geprägte Unternehmen, vertritt – vom Beratungsunternehmen Stahl Automotive Consulting im ersten Quartal 2020 erstellt wurde. Abhängig von der Dauer der Krise werden sich diese Perspektiven zumindest kurz- und mittelfristig eintrüben, da aktuell die Budgets für Forschung und Entwicklung (F&E) in vielen Unternehmen gekürzt werden.

    Dennoch gibt es einen langfristigen Trend: Die EDL-Unternehmen werden ihre Kompetenzen ausbauen und neue Kooperationsmodelle entwickeln, um den steigenden Wünschen und Anforderungen, die OEM und Mobilitätsdienstleister an Entwicklungsdienstleister stellen, gerecht zu werden. Insbesondere durch perspektivisch steigende Vergabeumfänge bei der Serienentwicklung von Fahrzeugen und der Entwicklung neuer Technologien – wie autonomes Fahren und zusätzliche Anforderungen an die Software im Fahrzeug – entstehen weitere Umsatzpotenziale und damit ein Anstieg des Gesamtmarkts bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019.

    Dr. Martin Koers, Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), betont: „Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für den Automobilstandort Deutschland und die Transformation der Industrie ist die enge Verzahnung von Automobilherstellern, Zulieferern und Entwicklungsdienstleistern. Durch die intensive Arbeitsteilung dieser drei Akteure hat sich eine sehr innovative und effiziente Wertschöpfungsstruktur herausgebildet, die seit vielen Jahren Höchstleistungen im Bereich der Automobilentwicklung erbringt. Die Landschaft der EDL-Anbieter in Deutschland ist sehr breit aufgestellt und hochkompetitiv. Nach der Coronakrise ist gerade im EDL-Bereich mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten zu rechnen.“

    Druck auf Entwicklungsdienstleister erfordert rasche Anpassungsleistung

    Die Studie zeigt: Der Markt der Entwicklungsdienstleister wird weltweit wachsen – allerdings ist die Dynamik im Ausland viel größer als in Deutschland, was den Bestand an Engineering-Arbeitsplätzen stark gefährdet. Vom Wachstum können wir als deutsche Dienstleister aber profitieren, wenn es uns gelingt, unsere Dienstleistungen dem globalen Markt anzupassen – an etablierte und neue Kundengruppen, aber auch hinsichtlich der Inhalte, auf die wir uns konzentrieren müssen. Die automobile Transformation bedeutet damit unter dem Strich viele Chancen, aber auch enorme Risiken für den Sektor in Deutschland. Sie findet relativ schnell statt, und nicht alle können das Tempo mitgehen, wenn die Rahmenbedingungen sich nicht ändern“, sagt Udo Jankowski, Vorstand der Tecosim-Gruppe und Leiter des EDL-Arbeitskreises im VDA. Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen gehören unter anderem der flächendeckende Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie der Netzausbau, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Aktuell geht es auch um die Sicherung der Liquidität, gerade bei mittelständischen Unternehmen.

    Drei Normstrategien identifiziert

    Die Studie mit dem Titel „Automotive Engineering Services 4.0 – Der künftige Wertschöpfungsbeitrag der EDL-Branche in der global transformierten Automobilindustrie“ hat drei Normstrategien identifiziert. Die Studienleiterin beim Beratungsunternehmen Stahl Automotive Consulting, Prof. Dr. Nina Leffers: „Damit EDL als wichtige Wertschöpfungspartner ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen können, sehen wir drei Strategien: Die Strategie ‚Commodity‘ erfordert hohe Kosteneffizienz, verbunden mit Skaleneffekten und Standortoptimierung. Die Strategie ‚New Tech‘ zielt auf Technologieführerschaft in innovativen Bereichen, während die Strategie ‚Gesamtfahrzeug‘ das sehr breite Leistungsportfolio und die globale Präsenz behandelt.“

    Insgesamt kommt die Studie zu dem Ergebnis: Um Entwicklungsdienstleister am Standort Deutschland zu stärken, sind eine zielgerichtete F&E-Förderung – die in ihrer Höhe international wettbewerbsfähig und technologieneutral ist –, eine umfassendere steuerliche F&E-Förderung sowie die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit durch gezielte Umqualifizierung und Weiterbildung dringend geboten.

    Die im Rahmen des Konjunkturpakets beschlossene und bis Mitte 2026 befristete Verdoppelung der Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage von zwei auf vier Millionen Euro pro Anspruchsberechtigtem und Jahr ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Bei einem Fördersatz von 25 Prozent ergibt sich daraus eine Forschungszulage von höchstens einer Million Euro pro Jahr und Anspruchsberechtigtem.

    Zur Studie geht es hier.

    Ansprechpartner:

    Verband der Automobilindustrie (VDA)
    Eckehart Rotter – Abteilungsleiter Presse
    Telefon: +49 179 4712154
    E-Mail: eckehart.rotter@vda.de

    Stahl Automotive Consulting GmbH & Co. KG
    Studienleitung: Prof. Dr. Nina Leffers
    Telefon: +49 172 6978018
    E-Mail: Nina_Leffers@sac-group.eu