"Erneuter Einbruch bei Produktion und Nachfrage muss mit allen Mitteln verhindert werden"
Statement auf ACOD-Jahreskongress in Leipzig: Hersteller und Zulieferer stehen infolge von Corona und Transformation vor größter Herausforderung der Branche – Ostdeutsche Standorte mit erfolgreichem Krisenmanagement und Ausrichtung auf Zukunftstechnologien – Coronakrise aber noch lange nicht ausgestanden, langsame Erholung erwartet
Die Coronakrise, die Transformation durch den Umstieg auf alternative Antriebe sowie die Digitalisierung von Fahrzeugen und Services stellen die deutsche Automobilindustrie vor die größte Herausforderung ihres Bestehens. „Die Coronapandemie trifft unsere Hersteller und Zulieferer in der Phase eines fundamentalen Wandels, der an sich bereits alle Kräfte fordert. Nach dem weltweiten Einbruch der Märkte durch Corona und dem gleichzeitigen Schock der Angebots- und Nachfrageseite hat sich für viele Unternehmen die Situation zwar vorerst stabilisiert. Aber die Krise ist nicht ausgestanden. Nun muss alles getan werden, um einen erneuten Einbruch bei Produktion und Nachfrage zu verhindern“, sagte Dr. Martin Koers, Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf dem 13. Jahreskongress des Automotive Cluster Ostdeutschland (ACOD) in Leipzig.
Der VDA erwartet, dass im laufenden Jahr am Standort Deutschland rund 3,5 Millionen Pkw produziert werden. Das entspricht einem Minus von 25 Prozent im Vergleich zu 2019. Von Januar bis Juli wurden auf dem Heimatmarkt 1,8 Millionen Pkw gefertigt, das ist das niedrigste Niveau seit 1975. „Eine Umfrage unter unseren Mitgliedsunternehmen hat ergeben, dass gut jeder zweite der Zulieferer davon ausgeht, erst im Jahr 2022 das Vor-Corona-Auslastungsniveau in der Produktion hierzulande wieder zu erreichen“, so Dr. Koers.
Durch ihre Präsenz auf allen weltweit wichtigen Märkten und den technischen Vorsprung in vielen Bereichen, die enge Vernetzung von Herstellern und Zulieferern unter dem Dach des VDA sowie das breite Angebot von Fahrzeugen in allen Segmenten sei die deutsche Automobilindustrie grundsätzlich robust und gut aufgestellt. „Das gilt auch und gerade für die Unternehmen in den neuen Bundesländern“, sagte VDA-Geschäftsführer Koers.
Die rund 300 Hersteller und Zulieferer mit 73.000 Beschäftigten in den fünf ostdeutschen Bundesländern sind seit der Wiedervereinigung eine treibende Kraft des Aufschwungs. 596.000 Pkw wurden 2019 in Ostdeutschland produziert, das sind 13 Prozent aller in Deutschland hergestellten Pkw. Der Standort ist hochinnovativ, die Produktion umfasst nachhaltige Elektroautos ebenso wie modernste Premiummodelle, Fahrzeugbatterien oder Carbonkarosserien. „Diese Zahlen belegen die enorme Leistungsfähigkeit der Unternehmen im ostdeutschen Automotive-Sektor, der von einer Vielzahl kleiner, hoch spezifizierter Firmen geprägt ist“, betonte Dr. Koers. Doch die Coronakrise sei weiterhin eine Bedrohung für die Branche und damit auch für den Aufschwung im Osten. „Die Politik muss wachsam bleiben, die Entwicklung genau beobachten und gegebenenfalls ihre Instrumente zur Unterstützung der Wirtschaft nachschärfen“, forderte der VDA-Geschäftsführer.
Auch während der Pandemie stelle sich die deutsche Automobilindustrie erfolgreich dem Transformationsprozess. „Der Hochlauf der Elektromobilität kommt in großen Schritten voran. Im Juli erreichten die Neuzulassungen von Elektro-Pkw in Deutschland mit einem Zuwachs um 288 Prozent auf 35.955 Fahrzeuge einen neuen Rekord – und das in Coronazeiten“, so Dr. Koers. Der Marktanteil deutscher Hersteller bei E-Pkw stieg im Juli auf 70 Prozent (Vorjahresmonat: 57 Prozent).
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) aller Bereiche in der deutschen Automobilindustrie lagen 2018 bei 44,6 Milliarden Euro. „Das entspricht 35 Prozent der F&E-Ausgaben der gesamten Automobilindustrie weltweit. Damit nehmen unsere Unternehmen Platz eins ein, vor den Wettbewerbern aus Japan und den USA. Das untermauert den Anspruch unserer Hersteller und Zulieferer, auch weiterhin weltweit technisch führend zu sein“, sagte Dr. Martin Koers. „Durch die Kraft unserer Unternehmen und mithilfe der richtigen politischen Entscheidungen wird diese Industrie das aktuell tiefe Tal hinter sich lassen und sich noch stärker auf die Zukunftsthemen konzentrieren können.“