VDA-Präsidentin fordert massiven Ausbau des Ladenetzes in Europa

    Berlin, 23. März 2021

    22. Technischer Kongress des VDA – Mit Technologie und Innovation zur Klimaneutralität – Ladenetz-Ausbauplan Voraussetzung für neue EU-Flottengrenzwerte – Statements der Teilnehmer

    Auf dem 22. Technischen Kongress des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) fordert VDA-Präsidentin Hildegard Müller einen massiven Ausbau des Ladenetzes in ganz Europa. „Wir setzen die Pariser Klimaziele um und sind bereits Europameister bei E-Mobilität. Die Autos kommen auf den Markt, jetzt muss das Ladenetz ausgebaut werden. Wenn die EU-Kommission die CO₂-Werte für den Fahrzeugbereich im Juni verändern will, muss sie zugleich einen detaillierten Ausbauplan für eine europaweite Ladeinfrastruktur vorlegen. Und es muss Ökostrom im Ladenetz fließen, denn niemand will sein E-Auto mit Kohlestrom betanken. Ein solcher EU-weiter Ladenetz-Ausbauplan wäre eine wichtige Voraussetzung, um die Flottengrenzwerte zu verändern.“

    Bislang verfügen von 27 EU-Staaten nur drei – Deutschland, die Niederlande und Frankreich – überhaupt über eine sich aufbauende Versorgung mit Ladepunkten und diskutieren über den notwendigen Ausbau: Auf sie entfallen 82 Prozent der Ladepunkte in der gesamten EU. Hildegard Müller: „Und selbst in diesen Ländern besteht noch Aufholbedarf. Für uns ist klar: Im Einklang mit den Pariser Klimazielen wollen wir klimaneutrale Mobilität bis spätestens 2050. Das ist ambitioniert, aber machbar, wenn es die richtigen Rahmenbedingungen gibt.“

    Die VDA-Präsidentin wies darauf hin, dass die deutschen Konzernmarken ihr Modellangebot an E-Autos verdoppeln werden – von derzeit 70 auf 150 bis Ende 2023: „Für die Käufer muss auch von vorneherein klar sein, dass sie ihr E-Fahrzeug schnell und CO₂-frei laden können, in Deutschland und in ganz Europa.“

    Hildegard Müller sprach sich erneut auch für Technologieoffenheit aus, benötigt würden alle Optionen, auch Wasserstoff und klimaneutrale synthetische Kraftstoffe (E-Fuels): „Unsere Forderung ist daher, Klimaschutz und Industriepolitik zusammenzudenken. Nur so schützen wir das Klima, machen Europa zukunftsfähig, sichern Wohlstand und liefern Innovation.“

    Der Technische Kongress des VDA ist Europas wichtigster Branchentreff, der coronabedingt in diesem Jahr digital durchgeführt wird. Er steht unter dem Motto „Mit Technologie und Innovation zur Klimaneutralität“. Zu den Rednern und Panel-Teilnehmern zählen in diesem Jahr – neben Vertretern der Automobil- und Chemieindustrie sowie der IT-Branche – Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, die Parlamentarischen Staatssekretäre Thomas Bareiß (BMWi) und Florian Pronold (BMU), Cem Özdemir, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur, und Kai Bliesener, Branchenkoordinator Automobil- und Zulieferindustrie im IG Metall Vorstand.

    Hier die Kernaussagen der Teilnehmer:

    Nikolai Setzer, Vorsitzender des Vorstands der Continental AG:
    „Continental hat einen der umfassendsten Nachhaltigkeitsfahrpläne definiert. Ein Teil des Fahrplans betrifft emissionsfreie Fahrzeuge: Ab 2022 wird Continental ihr weltweites Geschäft für emissionsfreie Autos, Busse, Züge und andere Fahrzeuge klimaneutral stellen. Das Programm umfasst sowohl unsere eigene Produktion als auch ganz bewusst ihre Vorstufen und die Verwertung zum Nutzungsende. Damit unterstützen wir als Technologieunternehmen die Industrie dabei, emissionsfreie Mobilität vollständig klimaneutral zu ermöglichen.“

    Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG; verantwortlich für Daimler Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Chief Operating Officer:
    „Eines unserer wichtigsten Anliegen ist die Reduzierung der CO₂-Emissionen. Wir bekennen uns uneingeschränkt zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und haben mit unserer Ambition2039 frühzeitig einen Fahrplan dorthin definiert. Wir planen, die gesamte Mercedes-Benz-Pkw-Neuwagenflotte bis 2039 CO₂-neutral zu machen, und elektrifizieren das gesamte Mercedes-Portfolio. Ein wichtiger Meilenstein dabei ist unsere vollelektrische Luxuslimousine EQS, die über 700 Kilometer elektrische Reichweite erzielen wird. Wir dekarbonisieren nicht nur unsere Produkte, sondern auch deren Produktion. Ab 2022 wird unsere weltweite Pkw- und Transporterproduktion klimaneutral sein. Gemeinsam mit unseren Lieferanten arbeiten wir zudem intensiv an der Nachhaltigkeit unserer Lieferketten. Bereits heute hat sich ein Großteil unserer Lieferanten – insgesamt machen sie mehr als drei Viertel unseres jährlichen Einkaufsvolumens aus – verpflichtet, uns bis spätestens 2039 mit CO₂-neutralen Produkten zu beliefern.“

    Cem Özdemir, Mitglied des Deutschen Bundestages, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur:
    „Die Autohersteller und ganz besonders die vielen mittelständischen Zulieferer prägen seit vielen Jahrzehnten ganze Regionen, und deshalb ist es für mich besonders wichtig, dass wir auch die dringend notwendige ökologische Modernisierung zusammen mit den Unternehmen und den Beschäftigten gestalten. Die Umstellung auf emissionsfreie Mobilität und Digitalisierung ist eine Megaaufgabe, aber sie ist unumgänglich für Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz und braucht deshalb eine stärkere Orientierung seitens der Politik. Statt einzelner Autogipfel brauchen wir einen strategischen Dialog im Bund, der offen und ehrlich ausspricht, dass der fossile Verbrenner ein Enddatum hat, dann aber auch verlässlich dafür eintritt, die Transformation zum Erfolg zu machen für die Menschen, die Unternehmen und das Klima. Die Zeit drängt, und der internationale Wettbewerb wartet nicht.“

    Matthias Zink, CEO Automotive Technologies, Schaeffler AG:
    Seit über 70 Jahren treibt die Schaeffler Gruppe als ein weltweit führender Automobil- und Industriezulieferer zukunftsweisende Erfindungen und Entwicklungen in den Bereichen Bewegung und Mobilität voran. Mit innovativen Technologien, Produkten und Services in den Feldern CO₂-effiziente Antriebe, Elektromobilität, Industrie 4.0, Digitalisierung und erneuerbare Energien ist das Unternehmen ein verlässlicher Partner, um Bewegung und Mobilität effizienter, intelligenter und nachhaltiger zu machen. Die wesentlichen Innovationsfaktoren bei Schaeffler Automotive Technologies sind das Systemverständnis bis auf Fahrzeugebene, ein Produktportfolio von Komponenten bis Systemlösungen, eine auf Schlüsseltechnologien ausgerichtete M&A-Strategie sowie die vertikale Integration in der Wertschöpfungskette. Schaeffler wird sowohl in der Automobil- als auch in der Industriesparte konsequent und technologieoffen zukunftsfähige Lösungen erarbeiten.“ 

    Thorsten Freund, Vice President DACH Automotive bei Siemens Digital Industries Software:
    „Wir bei Siemens Digital Industries Software fördern die Transformation von Unternehmen in der Automobilindustrie auf ihrem Weg in Richtung ‚Digital Enterprise‘. Das Xcelerator-Portfolio unterstützt die Innovationskraft und unterstützt unsere Kunden dabei, bereits heute die Anforderungen der Zukunft zu erfüllen.“ 

    Wolf-Henning Scheider, Vorsitzender des Vorstands der ZF Friedrichshafen AG:
    „Der Wandel ist im vollen Gange, und die Elektrifizierung steht dabei im Fokus. Bei ZF haben wir die Chancen klar im Blick und arbeiten konsequent an der Umsetzung. Schon heute liefern wir Produkte und Lösungen – nicht nur für den Pkw-Sektor, sondern auch für Nutzfahrzeuge und Baumaschinen. Doch beschränkt sich der Wandel keineswegs auf die Antriebe. Software, High Performance Computing und Automatisierung bieten vielfältige Chancen. Jedoch brauchen wir Zeit für die Gestaltung dieses fundamentalen Wandels. Klimapolitik und unsere Industrie sind zu wichtig, um diese Transformation scheitern zu lassen.“

    Thomas Bareiß, Mitglied des Deutschen Bundestages, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie:
    „Die automobilen Wertschöpfungsketten werden sich in den nächsten Jahren deutlich verändern. Durch neue Möglichkeiten wie autonome und vernetzte Mobilität und den Wandel der Antriebstechnologien befindet sich die ganze deutsche Automobilwirtschaft – von Zulieferer bis Hersteller – in einem weitreichenden Transformationsprozess. Mit dem Förderprogramm ‚Zukunftsinvestitionen in der Fahrzeugindustrie‘ (KoPa 35c) unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die deutsche Fahrzeugindustrie auf dem Weg in eine digitale und nachhaltige Zukunft. Wir wollen damit einen Beitrag für eine weiterhin starke und wettbewerbsfähige Automobilindustrie in Deutschland leisten.“

    Florian Pronold, Mitglied des Deutschen Bundestages, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit:
    „Die neuen Emissionsdaten für 2020 zeigen, dass Deutschland Fortschritte beim Klimaschutz macht. Aber natürlich spielt in diesem besonderen Jahr auch die Pandemie hinein, besonders im Verkehrssektor sehen wir einen größeren Coronaeffekt. Dass Deutschland sein Klimaziel für 2020 geschafft hat, ist für mich kein Grund zum Ausruhen. Jetzt kommt es darauf an, die Emissionsminderungen in eine Post-Corona-Zeit mitzunehmen, zum Beispiel durch mehr Videokonferenzen statt Dienstreisen und einen noch engagierteren Umstieg auf E-Mobilität.“

    Kai Bliesener, Branchenkoordinator Automobil- und Zulieferindustrie im IG Metall Vorstand:
    „Der Wandel zu alternativen Antrieben, klimaneutraler Mobilität sowie die Digitalisierung von Produkt und Produktion sind enorme Herausforderungen. Die Transformation findet in den Unternehmen, aber vor allem in den Regionen statt. Daher müssen die strategischen Konzepte in regionalen Transformationsnetzwerken unter Beteiligung aller Akteure erarbeitet und umgesetzt werden. Im Fokus stehen dabei der Erhalt vorhandener und die Ansiedlung neuer Wertschöpfungsketten und die zielgerichtete Qualifizierung der Beschäftigten.“

    Dr. Markus Kamieth, Mitglied des Vorstands der BASF SE:
    „Klimaschutz ist fest in unserem Unternehmenszweck ‚We create chemistry for a sustainable future‘ verankert und elementarer Bestandteil unserer Strategie. Daher legen wir den Schwerpunkt unserer Zusammenarbeit mit der Automobilbranche auf Lösungen für nachhaltige Mobilität. Die Herausforderung ist gewaltig: Bis 2025 werden rund 1,5 Milliarden Autos auf den weltweiten Straßen unterwegs sein. Leichtbaumaterialien, Katalysatoren und Batteriematerialien sind nur einige Beispiele dafür, wie Lösungen aus der Chemie dazu beitragen können, klimafreundlicher von A nach B zu kommen. Gleichzeitig gehen wir einen entscheidenden Schritt weiter: Bis Ende des Jahres 2021 wird BASF den Kunden mitteilen, welchen CO₂-Gehalt unsere Verkaufsprodukte haben und wie wir diesen Fußabdruck weiter verringern wollen. Dies wird nur durch intensive Zusammenarbeit entlang der ganzen Wertschöpfungskette gelingen. Eine enge Kooperation von Chemie- und Automobilindustrie ist das Erfolgsrezept für eine klimaneutrale Mobilität.“

    Dr. Ariane Reinhart, Mitglied des Vorstands der Continental AG, Group Human Relations, Arbeitsdirektorin, Nachhaltigkeit:
    „Die Transformation der deutschen Wirtschaft kann nur gelingen, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. Und nur mit einer nationalen strategischen Personalplanung kann ein Fachkräftemangel in allen Bereichen zielgerichtet und zukunftsorientiert vermieden werden. Qualifizierung nimmt im Transformationsprozess eine Schlüsselfunktion ein. Bei Continental treiben wir seit einigen Jahren eine bedarfsgerechte Qualifizierung der Mitarbeiter voran. Unsere Maßnahmen orientieren sich an zukunftsfähigen Berufen, um die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter für den Arbeitsmarkt zu erhalten und unsere Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.“ 

    Dr. Joachim Damasky, VDA-Geschäftsführer:
    „Die Digitalisierung bietet für Unternehmen, Straßenverkehr und Kunden enorme Chancen. Mobilität wird dadurch ökologischer, flexibler, effizienter und sicherer. Und: Technologieführerschaft bei digitalen Angeboten wird immer mehr zu einem entscheidenden Standortfaktor. Deutschland muss Vorreiter im Bereich autonomes Fahren werden. Wir begrüßen daher, dass die Bundesregierung diesen Weg aktiv mit dem L4-Gesetz begleitet, das als Grundlage für einen europäischen Rechtsrahmen und eine internationale Regulierung dienen kann.

    Hinzu kommt: Seit sich Autos immer mehr in Richtung ‚rollende Computer‘ entwickeln, wächst auch hier die Gefahr von Cyberkriminalität und Hackerangriffen. Cybersicherheit wird deshalb wird immer wichtiger. Es ist gut, dass die Politik mit zahlreichen Verordnungen und Gesetzen – zum Beispiel mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 – den notwendigen Rechtsrahmen schafft und für mehr Cyberresilienz sorgt. Gleichwohl muss die Politik hier stetig Anpassungen vornehmen, die ausgewogen zwischen Empfehlungen der Wirtschaft und Gesetzgebung stehen.“

    Lars Reger, Chief Technology Officer, NXP Semiconductors:
    „Halbleiter sind die Grundlage für fast alle Innovationen, die wir als moderne Auto- und Mobilitätsnutzer haben wollen und die unsere Gesellschaft voranbringen: emissionsfrei, unfallfrei, sicher vernetzt – das perfekte Mobilitätserlebnis eben. Damit unterscheiden sich Autoelektronik und -innovation gar nicht so stark von anderen Maschinen und Endgeräten. Egal, ob Auto, mobiler Roboter, Industrieanwendung oder Smartphone – alle brauchen Sensoren, Edge Computing, Konnektivität, Security, Sicherheit und Mixed-Signal-Anwendungen. In vielen dieser F&E-Bereiche stehen Deutschland und Europa übrigens ganz hervorragend da, zum Beispiel im Bereich Security, stromsparende Prozessoren oder Mixed-Signal-Anwendungen. Fahrzeugelektronik ist daher das spannendste Zukunftsfeld, das ich mir gerade vorstellen kann. Als CTO von NXP mit unserem umfassenden Portfolio werde ich oft gefragt: ‚Wie sollte Ihrer Meinung nach die Architektur autonomer, elektrischer und voll vernetzter Fahrzeuge aussehen? Und wie kriegen wir die Sicherheit der selbstlernenden ‚Roboter auf Rädern‘ in den Griff?‘“

    Jan Gilg, President SAP S/4HANA:
    „Die Automobilindustrie befindet sich mitten im Wandel hin zu einer neuen Mobilität, in der Nachhaltigkeit, Elektrifizierung, autonomes Fahren sowie neue Vertriebswege eine bedeutende Rolle spielen. Mit SAP S/4HANA verfolgen wir die Idee, dass sich die Lieferkette der Automobilindustrie von einer transaktionalen Kette zu einem Prozess entwickelt, der die Zusammenarbeit der gesamten Wertschöpfungskette analysiert und verbessert.“