Allensbach-Studie zu Mobilität und Nachhaltigkeit
Deutlich unterschiedliche Lebenswirklichkeiten in Stadt und Land
Individuelle Mobilität bleibt für breite Mehrheit unverzichtbar – Große generelle Bereitschaft, Klimaschutz voranzutreiben – Ladeinfrastrukturausbau wird weiterhin als nicht ausreichend bewertet
Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind grundsätzlich daran interessiert, einen eigenen Beitrag auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität zu leisten. Die Möglichkeiten, die individuell dabei in Frage kommen, schwanken aber stark zwischen Bürgerinnen und Bürgern in urbanen und in ländlichen Gegenden. Das sind zentrale Ergebnisse einer Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach. Gefragt wurde nach dem Mobilitätsverhalten, den Mobilitätspräferenzen und nach der Einstellung der Bevölkerung zu nachhaltigen Mobilitätsangeboten und Technologien. Die repräsentative Befragung wurde im Auftrag des Verbands der Automobilindustrie (VDA) durchgeführt.*
Auto bleibt für Menschen im Alltag unverzichtbar
Nach wie vor spielt für die individuelle Mobilität das Auto im Alltag der Mehrheit der Bevölkerung die dominierende Rolle. 74 Prozent der Bevölkerung halten das Auto für ihren privaten Alltag für unverzichtbar, 49 Prozent das Fahrrad und 41 Prozent den ÖPNV. Weitere 29 Prozent können in ihrem Alltag zudem nicht auf die Nutzung regionaler oder überregionaler Züge verzichten. Noch deutlicher: 84 Prozent der Menschen auf dem Land geben an, auf ihr Auto im Alltag nicht verzichten zu können. Der Anteil derer, die über ein Auto verfügen und gleichzeitig sagen, dass sie problemlos darauf verzichten könnten, liegt bei 3 Prozent.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Mobilität betrifft jeden − und damit auch die unterschiedlichsten Lebensrealitäten. Das Auto wird jetzt und in Zukunft eine Schlüsselkomponente für die Mobilität der Menschen sein. Gleichzeitig ist die Mobilität der Zukunft mehr als das Auto − es ist die Vernetzung und das Zusammenspiel der verschiedenen Verkehrsträger − im Sinne des Klimas und der Menschen.“
Hohe Bereitschaft, Klimaschutz voranzutreiben; tatsächliche Verhaltensänderungen begrenzt
56 Prozent äußern große oder sogar sehr große Bereitschaft, das eigene Verhalten zugunsten des Klimaschutzes zu ändern. 29 Prozent bezeichnen ihre eigene Bereitschaft, im Alltag etwas zu ändern, um damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, hingegen als weniger groß; 7 Prozent äußern gar keine Bereitschaft.
Auffällig ist, wie groß das (noch ungenutzte) Potenzial für klimafreundliche Verhaltensweisen ist. So können sich 51 Prozent der Bevölkerung vorstellen, ein umweltfreundliches Auto zu fahren. Gleichzeitig zeigt sich bei der Frage nach der konkreten Möglichkeit, das persönliche Mobilitätsverhalten zu ändern, dass 71 Prozent der Befragten angeben, dies sei nur schwer möglich, 16 Prozent hingegen könnten etwas ändern. Auch hier fallen die signifikanten Unterschiede zwischen Stadt und Land auf. 88 Prozent der Menschen in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern halten Änderungen im eigenen Mobilitätsverhalten für schwierig.
„Viele Menschen in Deutschland können ihren Alltag ohne Auto nicht meistern – nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. Deswegen machen wir es nachhaltiger, innovativer, sicher, digitaler und klimafreundlicher. Entscheidend dabei: Für den Erfolg der Transformation und den dafür notwendigen Rückhalt in der Gesellschaft, müssen wir die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten berücksichtigen und entsprechende Lösungen entwickeln“, so Müller.
Zudem wurde gefragt, wer den Klimaschutz im Bereich Verkehr besonders voranbringen kann: 75 Prozent sind überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst einen sehr großen oder großen Beitrag dazu leisten können. Mehr Einfluss werden lediglich der Bundesregierung und der Automobilindustrie zugetraut: 83 Prozent meinen, dass die Bundesregierung sehr viel oder viel dazu beitragen kann, den Klimaschutz im Verkehrssektor voranzubringen, 80 Prozent schreiben dies der Automobilindustrie zu. Weitere 72 Prozent der Bevölkerung sind überzeugt, dass die Landesregierungen sehr viel oder viel beitragen könnten, jeweils 71 Prozent nennen hier wissenschaftliche Institutionen wie Universitäten und Forschungsinstitute sowie die Deutsche Bahn, 66 Prozent die Europäische Union.
„Die Werte für die Automobilindustrie sind Anerkennung und Verpflichtung zugleich. Deshalb investiert die deutsche Autoindustrie in den kommenden vier Jahren weltweit rund 250 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung sowie 130 Milliarden Euro in den Neubau oder Umbau von Werken sowie in deren Ausstattung.
Und: Bis Ende 2024 bieten die deutschen Hersteller weltweit über 170 E-Modelle – in allen Fahrzeugsegmenten. Das zeigt: Die deutsche Automobilindustrie ist entschlossen, die Transformation mit Investitionen, Innovationen und Leidenschaft zu einer Erfolgsgeschichte zu machen.
Gleichzeitig zeigen die Werte hinsichtlich der politischen Verantwortung, dass Berlin und Brüssel in der Pflicht gesehen werden, Transformation mit entsprechenden Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen zu ermöglichen“, so Müller.
Ladeinfrastruktur bleibt entscheidendes Kriterium für Erfolg der E-Mobilität
Die grundsätzliche Veränderungsbereitschaft der Bevölkerung zeigt, wie wichtig es ist, dass die Menschen vom Umstieg auf E-Mobilität überzeugt und weiter dafür begeistert werden müssen. Die Möglichkeit, das E-Auto immer und überall laden zu können, ist in diesem Kontext weiterhin essenziell.
Auch wenn sich die Einschätzung der Ladeinfrastruktur im Vergleich zu 2021 etwas verbessert hat, gilt sie nach wie vor als unzureichend. 14 Prozent halten das Angebot an Ladestationen in der eigenen Umgebung für sehr gut oder gut, 18 Prozent dort, wo sie normalerweise einkaufen, und gerade einmal 7 Prozent auf Autobahnen oder Landstraßen. 68 Prozent sehen hingegen das Angebot an Ladesäulen in der eigenen Umgebung kritisch, 61 Prozent meinen dies für die Orte, an denen sie einkaufen, und 49 Prozent sehen Defizite auf Autobahnen und Landstraßen. Der Trendvergleich zeigt, dass sich die Einschätzungen zwar etwas verbessert haben, die Bilanz aber unverändert kritisch ausfällt.
Die Bevölkerung erwartet vor allem von den Unternehmen der Energiewirtschaft, von der Bundesregierung sowie den Betreibern von Tankstellen einen nennenswerten Beitrag beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. 68 Prozent meinen, dass vor allem Energieversorgungsunternehmen dazu beitragen können, dass es Fortschritte beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos gibt, 64 Prozent glauben, dass die Bundesregierung hier einen großen Beitrag leisten kann, 57 Prozent glauben, dass die Betreiberfirmen der Tankstellen dies leisten könnten. Von den Städte- und Gemeindeverwaltungen erwarten dies 49 Prozent, nahezu ebenso viele auch von den Stadtwerken, den Landesregierungen sowie von der Automobilindustrie.
„Der Erfolg der E-Mobilität steht und fällt mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur. Die Menschen brauchen die Gewissheit, überall und zu jeder Zeit unkompliziert laden zu können. Die Umfrage zeigt, dass beim Thema Ladeinfrastruktur alle schneller werden müssen.
Dabei gilt: Die rechnerische Auslastung der Ladestellen ist nur ein Kriterium für die Kundenzufriedenheit. Viel wichtiger ist für die Kundinnen und Kunden die Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten, dies ist das entscheidende Kriterium. Und diese Verfügbarkeit muss besser und schneller ausgebaut werden: In rund der Hälfte der Gemeinden in Deutschland gab es am 1. Juli dieses Jahres immer noch keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt. Im Bereich der für den Erfolg der E-Mobilität besonders wichtigen Schnellladeinfrastruktur, die Ladepausen verkürzt, ist die Situation in den Gemeinden noch viel gravierender: In acht von zehn Gemeinden gab es Mitte des Jahres nicht einen einzigen Schnellladepunkt“, so Müller.
„Die Unternehmen der Automobilindustrie, Hersteller sowie Zulieferer, sind dabei bereits mit vielen Projekten engagiert und bringen den Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur kontinuierlich voran. Dieses Engagement werden wir fortsetzen und somit weiterhin den erfolgreichen Hochlauf der E-Mobilität ermöglichen“, ergänzt die VDA-Präsidentin.
Offenheit gegenüber neuen Technologien
Der technologische Fortschritt ist bei den Befragten ein wichtiger Faktor für mehr Klimaschutz. Gefragt nach Innovationen im Automobilbereich, glauben 44 Prozent, dass damit ein wesentlicher Beitrag zur Verringerung von Klima- und Umweltbelastungen erzielt werden kann. 30 Prozent schätzen das Potential des technischen Fortschritts im Automobilbereich in dieser Hinsicht als gering ein.
Gleichzeitig zeigt sich noch eine gewisse Skepsis, wenn es beispielsweise um das Thema autonomes Fahren geht. Mehr noch als die E-Mobilität kämpft das autonome Fahren derzeit noch mit erheblichen Vorbehalten. Persönlich finden nur 18 Prozent die Vorstellung reizvoll, in einem Auto zu fahren, das sich selbst steuert. 64 Prozent können dem autonomen Fahren hingegen persönlich nicht viel abgewinnen. Hier zeigt sich die entsprechende Notwendigkeit, zu informieren, aufzuklären und von den Chancen und Möglichkeiten des autonomen Fahrens − neben der Teilhabe gerade auch vor dem Hintergrund der Verkehrssicherheit − zu überzeugen.
„Wir sind entschlossen, die Gesellschaft weiterhin für unsere Lösungen zu begeistern und sie zu motivieren, ihren Beitrag auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität zu leisten. Dabei ist es unser Leitmotiv, individuelle Mobilität nachhaltig und digital zu gestalten. Mobilität bedeutet Teilhabe und ist somit eine zentrale Säule unseres Lebens“, so Müller.
Die gesamte Studie finden Sie hier.
*Die Interviews wurden vom 7. bis 19. Juli 2023 geführt / 1011 Personen
Die gewichtete Stichprobe entspricht, wie die Gegenüberstellung mit den amtlichen statistischen Daten zeigt, der Gesamtbevölkerung ab 16 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Übereinstimmung im Rahmen der statistischen Genauigkeitsgrenzen ist eine notwendige Voraussetzung für die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse.
Befragter Personenkreis: Deutsche Wohnbevölkerung ab 16 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Befragung wurde nach der Größe des Wohnorts differenziert. Allensbach unterscheidet zwischen Befragten, die in Wohnorten mit weniger als 5.000 Einwohnern leben („Dorfbewohner“), in Orten mit zwischen 5.000 bis unter 20.000 Einwohnern („Kleinstädte“), zwischen 20.000 bis unter 100.000 Einwohnern („Mittelstädte“) und mit 100.000 und mehr Einwohnern („Großstädte").