Kommentierung zu EU-Kompass für Wettbewerbsfähigkeit
VDA-Präsidentin Hildegard Müller zu EU-Kompass für Wettbewerbsfähigkeit
Kommentierung
Kommentierung
VDA-Präsidentin Hildegard Müller:
„Europa ist bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der Standortattraktivität zunehmend abgehängt. Brüssel hat es bisher nicht geschafft, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Standort international wieder an die Spitze zu bringen und Wachstum, Klimaschutz, Wohlstand und Arbeitsplätze auch künftig zu verbinden. Diese Aufgabe muss gerade auch mit Blick auf die geopolitischen Verschiebungen und Herausforderungen dringend angegangen werden. Mit dem Kompass für Wettbewerbsfähigkeit hat die EU-Kommission dieses Problem im Grundsatz erkannt und einige der nötigen Handlungsfelder sowie entsprechende Maßnahmen identifiziert.
Es ist richtig, dass der Abbau der Bürokratie hierbei eine entscheidende Rolle spielt. Das Konzept der überbordenden Regulierung ist gescheitert. Diese Erkenntnis und der damit verbundene Mentalitätswandel ist längst überfällig. Mit der Ankündigung konkreter Abbauziele und der geplanten Einberufung von Umsetzungsdialogen mit den Unternehmen scheint hier erstmals ein Paradigmenwechsel möglich. Ob diese Pläne allerdings tatsächlich umgesetzt werden, wird sich erst noch zeigen müssen. Es kommt jetzt entscheidend darauf an, schnell und umfassend zu agieren.
Weitere wichtige und überfällige Vorhaben, denen sich die EU nun widmen will, sind etwa der Ausbau des Netzes internationaler Handelsabkommen und die Vertiefung des EU-Binnenmarktes mit Blick auf einen einheitlichen EU-Kapitalmarkt. Der ist zwingend notwendig, damit Unternehmen in der EU nicht nur Innovationen entwickeln, sondern sie letztlich auch hier auf dem europäischen Markt finanzieren und produzieren können. Fakt ist: Der Produktionshochlauf erfordert viel Kapital – und zu häufig sind die Investitionen hier zuletzt abgewandert. Auch hier gilt, dass die konkrete Umsetzung – insbesondere auch mit Blick auf den Mittelstand – entscheidend ist, um hier die Trendwende einzuleiten. Bankenregulierung und Taxonomie müssen dafür entsprechend reformiert werden, um Finanzierungsschwierigkeiten zu überwinden.
Mit Blick auf das Thema Dekarbonisierung bleibt der Kompass leider hinter den Erfordernissen zurück. Positiv hervorzuheben ist, dass für die Dekarbonisierung die Bedeutung von Technologieneutralität und die Rolle von erneuerbaren Kraftstoffen hervorgehoben wird. Mit Blick auf die viel zu hohen Energiepreise beschäftigt man sich zwar damit, wie diese gesenkt werden können, gleichzeitig gilt es, die Ankündigungen mit Blick auf den Ausbau der Stromnetze und die Wasserstoff-Infrastruktur auch mit konkreten Maßnahmen und Zielen zu unterlegen.
Auch der dringende Appell, die Review-Prozesse zu den CO2-Flottengrenzwerten auf 2025 vorzuziehen, um auf Basis der Erkenntnisse nachzusteuern, wird unverständlicherweise nicht aufgegriffen. Ebenso wenig werden in dem gesamten Bericht Technologien wie Batterien und Brennstoffzellen erwähnt – Zukunftsfelder, in denen akuter Nachholbedarf besteht. Gerade mit Blick auf die Bedeutung dieser Technologien für die Dekarbonisierung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen für die Autoindustrie und die EU-Gesamtwirtschaft, muss hier nachgebessert werden."




