10-Punkte-Plan für eine klimaneutrale Mobilität
CO₂-Emissionen im Verkehr senken, Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie sichern
Pressemitteilung
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Klimaziele sind strategisch an den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit zu koppeln – Nachbesserungen bei Rahmenbedingungen schnellstmöglich umsetzen – Flexibilisierung und Technologieoffenheit als zentrale Säulen für Wettbewerbsfähigkeit
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) legt im Vorfeld der geplanten Fortsetzung des Strategischen Dialogs über die Zukunft der europäischen Automobilindustrie in Brüssel einen 10-Punkte-Plan für eine klimaneutrale Mobilität vor. Damit fordert der VDA die Politik in Brüssel und Berlin auf, die notwendigen Rahmenbedingungen für einen langfristigen und nachhaltigen Erfolg der Elektromobilität zu etablieren und die notwendige Flexibilisierung und Technologieoffenheit zur Erreichung der Klimaziele zu ermöglichen. Entscheidend ist, dass die Reviews der Flottenregulierungen genutzt werden, um die neuen Realitäten abzubilden: Der Hochlauf der E-Mobilität liegt hinter den Erwartungen zurück, den Lieferketten fehlt es an Resilienz und der Standort Europa muss im internationalen Wettbewerb dringend aufholen.
„Die deutsche Automobilindustrie steht zu den Pariser Klimazielen und treibt die Transformation zu CO₂-neutralen Antrieben entschlossen mit Innovationen und Investitionen voran. Die Unternehmen haben erheblich in die Transformation investiert – in die Umstellung der Produktion, neue Kapazitäten und in die Qualifizierung ihrer Beschäftigten. Allein von 2025 bis 2029 stehen Investitionen in Höhe von rund 320 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung an. Hinzu kommen etwa 220 Milliarden Euro in Sachinvestitionen, insbesondere in die Werke. Die Produktionskapazitäten für einen massiven Hochlauf der Elektromobilität sind geschaffen. In diesem Jahr wird voraussichtlich fast jedes zweite in Deutschland produzierte Auto ein Elektroauto sein. Doch diese Anstrengungen allein reichen nicht aus, denn dem deutlichen Commitment der Autoindustrie stehen eine insgesamt schwache Nachfrage in Europa, unzureichende Rahmenbedingungen für den Erfolg der E-Mobilität, erhebliche geopolitische Veränderungen, ein reformbedürftiger Standort und ein maximal herausforderndes wettbewerbliches Umfeld gegenüber. Hinzu kommt: Die von der EU-Kommission verhängten Ausgleichszölle auf E-Autos aus China bedeuten auch für europäische Automobilunternehmen enorme Zusatzbelastungen. Weitere Belastungen und Unsicherheiten entstehen zudem durch die erratische US-Zollpolitik“, erläutert VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
„Brüssel muss auf die veränderte globale Lage reagieren. Die Erreichung der ambitionierten Klimaziele ist strategisch an den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit zu koppeln. Es ist entscheidend, die veränderte Lage politisch zu berücksichtigen und entsprechend zu agieren, denn klar ist: Für den Erfolg eines langfristigen Projekts ist Flexibilität entscheidend, also die Fähigkeit und der Wille, sich einer veränderten Situation erfolgreich anzupassen. Ohnehin hat die Politik bei den CO₂-Flottenregulierungen für Pkw und Vans sowie für schwere Nutzfahrzeuge ihre Aufgabe sträflich vernachlässigt – nämlich die Rahmenbedingungen, insbesondere mit Blick auf die Ladeinfrastruktur und den begleitenden Netzausbau, zu schaffen, damit die ambitionierten Ziele auch tatsächlich erreichbar sind. Jetzt ist der Nachbesserungs- und Anpassungsbedarf umso dringlicher“, so Müller weiter.
10-Punkte-Plan für eine klimaneutrale Mobilität
Mit Blick auf die CO₂-Flottenregulierungen für Pkw und Vans sowie für schwere Nutzfahrzeuge gilt aufgrund der nicht ausreichenden und teils fehlenden politischen Maßnahmen zur Unterstützung der Transformation, dass die europäischen Klimaziele im Verkehr derzeit so nicht zu erreichen sind. Deshalb muss die EU-Kommission die Review-Prozesse der CO₂-Flottenregulierungen nutzen, um die dafür notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und gleichzeitig Flexibilisierung und Technologieoffenheit als zentrale Säulen für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie zu etablieren.
„Mit dem 10-Punkte-Plan legt der VDA einen strategischen Vorschlag für die Weiterentwicklung der bisherigen Regulierung vor, der Klimaschutz mit einer erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung verbindet. Ziel ist es, die CO₂-Emissionen im Verkehr zu senken und zugleich den Industriestandort Deutschland und Europa in einer sich wandelnden Welt zu stärken sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie zu sichern“, erläutert Müller. „Was wir brauchen, ist ein regulatorischer Rahmen, der Investitionen in alle klimafreundlichen Technologien ermöglicht, industrielle Resilienz sichert und Innovationen freisetzt.“
1. Die Automobilindustrie steht zu den Pariser Klimazielen. Die CO₂-Flottenregulierungen sind nicht mit hinreichenden politischen Maßnahmen unterlegt und so nicht zu erfüllen. Wir setzen auf Anreize und gute Standortbedingungen statt auf neue Belastungen für Industrie und Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine schnelle Verbesserung der Rahmenbedingungen wird entscheidend sein, damit Verbraucherinnen und Verbraucher so schnell wie möglich auf klimaneutrale Antriebe umsteigen können und auch wollen.
2. Die Nachfrage nach Elektromobilität als der wesentliche Beitrag bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück. Daher sollten die Reviews der Flottenregulierungen für Pkw/ leichte Nutzfahrzeuge (LDV) sowie für schwere Nutzfahrzeuge (HDV) auf das Jahr 2025 vorgezogen (für Anhänger, sobald die Auswertung der Monitoringdaten vorliegt) und der Fortschritt regelmäßig politisch überprüft werden.
3. Für die Zielverschärfungen in 2030 und 2035 sollte eine Entlastung in Form eines zweijährigen Phase-In der Grenzwerte zur Anwendung kommen. In der Flottenregulierung für HDV sollte zudem die Höhe möglicher Strafzahlungen auf ein vergleichbares Maß wie für LDV reduziert werden.
4. Im besonderen Fokus der Rahmenbedingungen steht die Lade- und H₂-Tankinfrastruktur (LDV/HDV) mit der notwendigen Erhöhung des AFIR-Ambitionsniveaus, in Verbindung mit einem beschleunigten Netzausbau. Der Ausbau muss vorauslaufend und orientiert an den Zielen der CO₂-Gesetzgebung und des entsprechenden Fahrzeughochlaufs erfolgen.
5. Zudem ist die robuste Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten von zentraler Bedeutung. Die EU-Kommission muss die europäischen und außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dringend verbessern, mögliche Risiken analysieren und insbesondere das Netzwerk der Abkommen und Partnerschaften zügig ausbauen.
6. Stärkung der Technologieoffenheit durch eine stärkere Berücksichtigung der Rolle von PHEVs über 2035 hinaus und ein Aussetzen der geplanten Anpassung des Utility Factor (Gewichtungsfaktor, der den Anteil elektrischer Fahrten abbildet) ab 2025. PHEVs mit großer elektrischer Reichweite sind als neue Fahrzeugkategorie zu definieren. Bis zu einem bestimmten Volumen der Flotte wären diese Fahrzeuge unabhängig von der Betankung als ZEV nach 2035 zulassungsfähig. Weitere notwendige Maßnahmen beziehen sich auf eine Anpassung der Schwellenwerte des ZLEV-Benchmark (LDV und HDV) für 2025-2029 und deren Wiedereinführung für 2030-2034 sowie auf eine Änderung der LDV-Zielberechnungsformel, um die in der Flottenregulierung vorhandene Benachteiligung von Fahrzeugen mit höherem Gewicht („negativer Slope“) zu beseitigen. Erläuterung: Das ´Zero and Low Emission Vehicles´-Benchmark beschreibt, wie viele null- und niedrig-emissionsfähige Fahrzeuge ein Hersteller in seinem Flottenmix haben muss, um einen zusätzlichen Beitrag zur Erfüllung der CO₂-Flottenemissionen seiner Pkw und Nutzfahrzeuge zu erzielen.
7. Größerer Fokus auf erneuerbaren Kraftstoffen, indem deren durchschnittliche CO₂- Minderungswirkung in der LDV-Flottenregulierung berücksichtigt wird, da derzeit Emissionen von Verbrennungsmotoren unabhängig vom getankten Kraftstoff als 100 Prozent fossil betrachtet werden. Dies kann auch ein möglicher Mechanismus für HDV sein. Die EU-Kommission muss zudem gemäß Erwägungsgrund 11 umgehend einen technisch und am Markt umsetzbaren Rahmen entwickeln, damit auch Carbon Neutral Fuels Fahrzeuge unmittelbar als Null-Gramm-Fahrzeuge eingestuft werden. Der Blick muss zudem noch stärker auf den Fahrzeugbestand gerichtet werden, um die Klimaziele im Verkehr auch mit Hilfe erneuerbarer Kraftstoffe zu erreichen. Auf EU-Ebene muss dabei neben einer höheren THG-Quote in der RED III auch ein Post-2030-Zielpfad geschaffen werden.
8. In der Flottenregulierung für LDV ist eine Anpassung des Reduktionsziels auf -90% ab 2035 und eine Sicherstellung der notwendigen Rahmenbedingungen erforderlich. Die verbliebenen CO₂-Emissionen werden über ambitioniertere Ziele für den Anteil erneuerbarer Kraftstoffe in der RED kompensiert.
9. Elektromobilität muss in der Gesamtbilanz einen klaren Kostenvorteil bieten. Eine Reduzierung des Ladestrompreises durch mehr Wettbewerb und Technologie, sowie durch eine Senkung von Steuern und Abgaben, ist von zentraler Bedeutung. Dies gilt in gleichem Maße für die erneuerbaren Kraftstoffe, wie beispielsweise H₂. Anreizsysteme ohne marktverzerrende Preisschwellen leisten einen erfolgreichen Beitrag zum Hochlauf klimaneutraler Antriebe. Speziell bei Nutzfahrzeugen spielt eine langfristige Perspektive für die CO₂-bezogene Maut eine entscheidende Rolle.
10. Das Vertrauen in die Elektromobilität muss grundsätzlich gestärkt werden. Dazu gehört eine aktive Positivkommunikation Elektromobilität. Industrie und Politik müssen hierbei an einem Strang ziehen und gemeinsame Konzepte umsetzen. Es ist zudem zu prüfen, mit welchen Maßnahmen Verbraucherinnen und Verbraucher einen praktischen Vorteil durch Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge im Straßenverkehr erhalten können. Dazu sind europäische Erfahrungen auszuwerten und in angepasster Form zu übertragen, wo es möglich und sinnvoll erscheint.
Der 10-Punkte-Plan für eine klimaneutrale Mobilität steht hier zum Download auf Deutsch und auf Englisch zur Verfügung.




