VDA-Umfrage im automobilen Mittelstand

    VDA-Umfrage im automobilen Mittelstand

    Jedes zweite Unternehmen bewertet Lage als schlecht

    Pressemitteilung

    Berlin, 05. Oktober 2025

    Investitionsplanungen richten sich zunehmend ins Ausland – Auftragsmangel erreicht Höchststand – Mehr als die Hälfte befürchtet durch US-Zollpolitik negative Wirkung bei Umsatz und Gewinn – 61 Prozent der Unternehmen bauen Beschäftigung in Deutschland ab

    Die Investitionstätigkeit im automobilen Mittelstand in Deutschland ist zunehmend gefährdet. 80 Prozent der Unternehmen wollen eigentlich geplante Investitionen in Deutschland verschieben, verlagern oder ganz streichen. Das zeigt eine Umfrage, die der VDA unter den Automobilzulieferern (Herstellergruppe III) sowie den mittelständisch geprägten Herstellern von Anhängern, Aufbauten und Bussen (Herstellergruppe II) durchgeführt hat.*

    Angesichts verhaltener Geschäftserwartungen und schlechter Standortbedingungen halten sich die Unternehmen des automobilen Mittelstandes mit Investitionen in Deutschland zunehmend zurück. Bei der vorherigen Umfrage im Mai dieses Jahres hatten 75 Prozent der Unternehmen angegeben, eigentlich geplante Investitionen in Deutschland zu verschieben, zu verlagern oder ganz zu streichen. Ebenso gestiegen: Die Investitionsverlagerungen ins Ausland, die den neuen Ergebnissen zufolge von 28 Prozent der Unternehmen geplant werden (Mai 2025: 24 Prozent). Weitere 17 Prozent planen eine Streichung von Investitionen. Nur 2 Prozent der Unternehmen gaben an, Investitionen in Deutschland angesichts der aktuellen Lage erhöhen zu wollen.

    VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Weil die Standortbedingungen sich zusehends verschlechtern, wird aktuell täglich gegen den Standort Deutschland und Europa entschieden. Die Wirtschaft, insbesondere die Industrie, mahnt seit Jahren grundlegende Reformen an, aber es passiert viel zu wenig. Wir als deutsche Automobilindustrie wollen, dass Arbeitsplätze und Wohlstand hierzulande erhalten bleiben, und wollen unsere Produkte und Autos auch künftig in Deutschland fertigen. Dafür aber muss sich etwas tun. Die Bundesregierung und die EU-Kommission müssen klare Prioritäten zugunsten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts setzen, der Industriestandort muss auf der Agenda ganz oben stehen. Versuche der EU, den Standort abzuschotten, sind für die exportorientierte Automobilindustrie und die Arbeitsplätze in Deutschland der falsche Weg.”

    Die Umfrage zeigt: Beeinträchtigt wird die Investitionstätigkeit in Deutschland aktuell vor allem durch die Absatzlage und die Absatzerwartung. Das niedrige Marktvolumen auf dem deutschen und europäischen Automobilmarkt spielt für rund zwei von drei Unternehmen (64 Prozent) die entscheidende Rolle. Hintergrund sind insbesondere die gesamtwirtschaftliche Schwäche und die fehlenden Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Elektromobilität. Die Aussichten für den deutschen und europäischen Automobilmarkt machen vor allem Erweiterungsinvestitionen nicht wirtschaftlich, das Marktwachstum findet andernorts statt.

    Jedes zweite Unternehmen im automobilen Mittelstand bewertet seine aktuelle Lage als schlecht oder sehr schlecht (49 Prozent). Im Mai lag dieser Wert noch bei 42 Prozent. Nur 11 Prozent der Unternehmen betrachten ihre Lage als gut oder sehr gut. Dieser Wert lag im Frühjahr mit 19 Prozent noch fast doppelt so hoch. Auch der Ausblick ist verhalten: 20 Prozent der Unternehmen erwarten eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage gegenüber dem Vorjahr. 21 Prozent nehmen an, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung verschlechtern wird. 59 Prozent gehen davon aus, dass die Situation in etwa gleichbleibt.

    Überbordende Bürokratie bleibt Herausforderung Nr. 1 – Auftragsmangel erreicht neuen Umfragen-Höchststand

    Die größte Herausforderung für den automobilen Mittelstand, so zeigt die Umfrage, ist weiterhin die überbordende Bürokratie: 86 Prozent der Unternehmen geben an, durch Bürokratie stark oder sogar sehr stark belastet zu sein.

    Müller: „Die eskalierende Bürokratie belastet insbesondere den automobilen Mittelstand. Beim Thema Bürokratie gilt: weniger ist mehr. Und um es so deutlich zu sagen: Das bloße Verschieben von Anwendungsfristen oder das Herumdoktern an Regulierungsdetails ist kein Bürokratieabbau. Die Unternehmen des automobilen Mittelstandes brauchen echte Entlastungen.”

    Auf Platz 2 der aktuell größten Herausforderungen folgt der Auftragsmangel: 77 Prozent – ein Höchststand in dieser Umfrage – geben an, durch ihn stark (35 Prozent) oder sogar sehr stark (41 Prozent) belastet zu sein.

    Müller: „Die anhaltende wirtschaftliche Stagnation in Deutschland und die andauernde schwache Entwicklung des Automobilmarkts in Europa wirken sich immer stärker auf die mittelständischen Unternehmen der deutschen Automobilindustrie aus. Ohne die angemahnten wirtschaftlichen Impulse und die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standorts droht sich die Lage weiter zu verschlechtern.”


    US-Zollpolitik: Mehr als die Hälfte befürchtet negative Wirkung bei Umsatz und Gewinn

    65 Prozent der Unternehmen geben an, von den Zöllen der USA gegen zahlreiche Staaten und Regionen betroffen zu sein (sehr stark, stark oder mittel). Das liegt leicht unter den Erwartungswerten aus dem Mai dieses Jahres. Seinerzeit gingen 86 Prozent der befragten Unternehmen davon aus, dass die Zölle der USA gegen zahlreiche Staaten und Regionen auch sie betreffen werden. In der aktuellen Umfrage geben 67 Prozent der Unternehmen an, durch die US-Einfuhrzölle auf Produkte aus Europa belastet zu sein. 31 Prozent sind zudem durch US-Einfuhrzölle auf Importe aus Mexiko betroffen und 9 Prozent von US-Einfuhrzöllen auf Produkte aus Kanada.

    Unternehmen reduzieren Beschäftigung

    Jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) gibt in der Umfrage an, unter einem Mangel an Fach- und Arbeitskräften zu leiden – in etwa so viel wie in der vergangenen Umfrage. Der Wert ist im Vergleich zu früheren Umfragen niedrig, im Frühjahr 2023 lag er bei 85 Prozent. Auch der Anteil der Unternehmen, die in der aktuellen Umfrage angeben, Schwierigkeiten zu haben, den kurz- und mittelfristigen Fachkräftebedarf zu decken, ist mit 27 Prozent vergleichsweise gering. Die Zahlen sind ein weiteres Alarmsignal, denn sie verdeutlichen, dass sich die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung, insbesondere in der Industrie, immer stärker auch auf dem Arbeitsmarkt zeigt. 61 Prozent der befragten Unternehmen gaben zudem an, aktuell Beschäftigung in Deutschland abzubauen (Mai: 57 Prozent). Dies ist der bislang höchste Wert in der Reihe dieser VDA-Umfrage. Nur 9 Prozent bauen aktuell Beschäftigung in Deutschland auf.

    *Die Umfrage wurde vom 1. bis 22. September durchgeführt. Es haben sich 158 Unternehmen beteiligt. Damit liegen dem VDA repräsentative Aussagen zur aktuellen Lage und den Perspektiven der Automobilindustrie vor. Der VDA führt die Umfrage seit dem Frühjahr 2020 regelmäßig durch. 

    Sprecherin

    Eva Siegfried

    Schwerpunkt Volkswirtschaft, Statistik und VDA-Ladenetz-Rankings