Kommentierung zum Autodialog
VDA-Präsidentin Hildegard Müller zum Autodialog
Kommentierung
VDA-Präsidentin Hildegard Müller:
„Es ist gut und richtig, dass der Autodialog heute stattgefunden und der Bundeskanzler mit der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten den Austausch mit der deutschen Automobilindustrie sowie den Gewerkschaften gesucht hat, denn ein gemeinsames Verständnis der herausfordernden Lage – im Bund wie in den Ländern – ist essenziell. Die gemeinsame Arbeit an den virulenten Themen gilt es jetzt, mit konkreten Punkten fortzuführen und zu verstetigen. Wir brauchen zeitnahe Entscheidungen und dann auch eine geeinte deutsche Stimme in Brüssel.
Wir begrüßen, dass die Bundesregierung, aber auch die Ministerpräsidenten den Handlungsbedarf mit Blick auf die CO₂-Flottenregulierungen für PKW, leichte und schwere Nutzfahrzeuge erkannt haben und gemeinsam mit der Automobilindustrie und den Gewerkschaften daran arbeiten wollen, wie die CO₂-Emissionen im Verkehr deutlich gesenkt werden und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie erhalten bleiben kann. Den wesentlichen Beitrag dazu wird die Elektromobilität leisten. Dass die Bundesregierung aber zusätzlich Flexibilisierungsmöglichkeiten z.B. in Hinblick auf Plug-In-Hybride und Range-Extender unterstützt, ist ein positives Signal. Auch moderne Verbrennerfahrzeuge können mit zunehmend klimaneutralen Kraftstoffen einen Beitrag leisten. Fest steht: Diese Technologien werden weltweit eine Rolle auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität spielen. Die Arbeitsplätze dafür sollten weiterhin auch in Deutschland und Europa angesiedelt werden können. Die Herausforderungen der CO₂-Flottenregulierungen sind vor allem in Brüssel entstanden, deshalb braucht es nun auch zeitnahe Brüsseler Lösungen. Um diese zu finden, ist eine starke und geeinte Stimme Deutschlands von entscheidender Bedeutung.
Klar ist: Insbesondere angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen und geopolitischen Lage, den unzureichenden politischen Rahmenbedingungen für die klimaneutrale Mobilität und den Erfordernissen der Transformation müssen Strafzahlungen unbedingt vermieden werden. Der mangelnde Ausbau der Ladeinfrastrukturen und Stromnetze in Europa – um nur ein Beispiel zu nennen – kann nicht der Autoindustrie angelastet werden. Die Unternehmen dürfen nicht zusätzlich und unnötig noch mehr in der Transformation belastet werden. Das gilt nicht nur für Pkw-Hersteller, sondern ausdrücklich auch für den Bereich der Nutzfahrzeuge.
Inwieweit die angekündigten Kaufanreize der Automobilindustrie am Standort Deutschland helfen können, ist noch unklar. Zudem gilt: Langwierige Diskussionen um die Ausgestaltung müssen unbedingt vermieden und rasch Klarheit geschaffen werden, um Kaufzurückhaltung bei den Verbrauchern zu vermeiden und den Markt nicht abzuwürgen. Darüber hinaus gilt: Kurzzeitige Strohfeuer helfen weder den Verbrauchern noch der Industrie oder dem Klimaschutz. Und: Bei Anreizen müssen gleiche Bedingungen für alle gelten, Protektionismus ist nicht der richtige Weg.
Auf keinen Fall dürfen die grundsätzlichen Rahmenbedingungen vernachlässigt werden, wie der Auf- und Ausbau der Lade- und H2-Tankinfrastruktur, der Stromnetze sowie günstiges Laden immer und überall. Hier ist der Nachholbedarf Deutschlands groß, die Politik und die Energiewirtschaft sind hier dringend gefordert. Auch für diesen Punkt gab es große Unterstützung.
Den angekündigten Gesetzentwurf für die Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis 2035 muss die Bundesregierung nun schnellstmöglich vorlegen und ihre Zusage aus dem Koalitionsvertrag einlösen. Die aktuelle Regelung läuft zum Jahresende aus, der Handlungsdruck ist entsprechend hoch.
Darüber hinaus gilt: Die mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts Deutschland und Europa ist eine wachsende Gefahr für Wachstum, Wohlstand, Unternehmen und Arbeitsplätze. Vor allem hohe Energiekosten, eine im internationalen Vergleich hohe Steuerlast und hohe Lohnkosten führen dazu, dass es dem Standort an preislicher Wettbewerbsfähigkeit fehlt. Es braucht deshalb umfassende Reformen und eine starke Agenda für Wirtschaftswachstum, um die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands langfristig zu sichern.
Zudem belastet die eskalierende Bürokratie die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie, ganz besonders die Zulieferer. In der Folge werden zunehmend Investitionen ins Ausland verlagert und Beschäftigung in Deutschland abgebaut. Deshalb gilt: Maßnahmen, wie zum Beispiel zum Bürokratieabbau, müssen deutlich stärker als bisher auch den industriellen Mittelstand berücksichtigen. Herausfordernd für die Zulieferer sind zudem die Finanzierungsbedingungen. Es ist entscheidend, das Thema Bankenregulierung und die Transformationsanforderungen zusammenzubringen und zu vereinbaren, denn die Unternehmen insbesondere des industriellen Mittelstands brauchen dringend Zugang zu Kapital, um die Transformation zu finanzieren und Beschäftigung in Deutschland halten zu können.
Wichtig ist auch: Automatisiertes und autonomes Fahren ist eine Schlüsseltechnologie, die eine zentrale Säule der Mobilität der Zukunft darstellt. Die deutsche Automobilindustrie nimmt auch in diesen Bereichen international eine starke Position ein, unsere Hersteller zählen weltweit zu den führenden Anbietern hochautomatisierter Fahrtechnologien. Nun ist es entscheidend, dass die Bundesregierung auf europäischer Ebene einen unbürokratischen und harmonisierten Genehmigungsprozess vorantreibt, sowohl für Fahrzeuge als auch für Strecken. Dieser muss länderübergreifend innerhalb Deutschlands und zwischen EU-Staaten funktionieren. Technologische Exzellenz ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Zukunft der Mobilität. Dazu gehören auch der Aufbau eines leistungsfähigen Batterie-Ökosystems und die Forschung. Auch dass an einer sicheren Rohstoffversorgung gearbeitet werden soll, ist wichtig. Nur so kann Deutschland seine technologische Führungsrolle langfristig sichern und den Weg für eine innovative, sichere und nachhaltige Mobilität der Zukunft ebnen. Wir begrüßen die positiven Signale, die es auch zu diesen Fragen heute beim Autodialog seitens der Politik gab.
Wir sind überzeugt: Klimaschutz wird nur erfolgreich sein, wenn er auf die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz stößt und Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland erhalten bleiben. Die Autoindustrie investiert hohe Summen und arbeitet mit aller Kraft an der Erreichung der Ziele."
