VDA-Kommentierung zum EU-Klimaziel 2040
VDA-Präsidentin Hildegard Müller zum EU-Klimaziel 2040
Kommentierung
VDA-Präsidentin Hildegard Müller:
„Ambitionierte Klimaziele können nur erreicht werden, wenn Klimapolitik und wirtschaftliche Prosperität gemeinsam vorangetrieben werden. Dekarbonisierung muss ein auch international wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell sein. Nur wenn Europa international wettbewerbsfähig und wirtschaftlich stark bleibt, kann die Transformation ein Erfolg für Klima, Menschen sowie Wirtschaft und Wohlstand werden. Und nur dann werden andere Weltregionen unserem Beispiel folgen und eine ähnlich ambitionierte Klimapolitik umsetzen.
Das EU-Klimaziel für 2040 sollte vor diesem Hintergrund ambitioniert, aber wirtschaftlich machbar und sozial verträglich ausgestaltet werden. Dass sich die EU-Umweltminister vor der nächsten Klimakonferenz in Brasilien (COP30) auf ein EU-Klimaziel für 2040 einigen konnten, ist ein zwar wichtiges, aber auch sehr ambivalentes Signal.
Der jetzt gefundene Kompromiss ist teuer erkauft: Mit der Verschiebung des ETS-2 für Gebäude und Verkehr wird ausgerechnet jenes marktwirtschaftliche Leitinstrument geschwächt, das kosteneffizienten Klimaschutz ermöglichen sollte. Wer solch weitreichende Klimaziele beschließt, darf nicht gleichzeitig die zentralen Instrumente zur Zielerreichung aufweichen. Damit in Europa weiteres CO₂-Reduktionspotenzial realisiert werden kann, muss der Emissionshandel auch für die Sektoren Verkehr und Gebäude konsequent zu einem echten Leitinstrument weiterentwickelt werden. Statt eines klar planbaren, frühzeitigen CO₂-Preissignals droht durch die Verschiebung ein klimapolitischer Rückschritt.
Es ist weiterhin nicht absehbar, dass die Emissionen innerhalb der EU bis 2040 um 90 Prozent reduziert werden können. Die geplanten zusätzlichen Flexibilitäten zur Anrechnung von Emissionsminderungen in Drittstaaten müssen pragmatisch ausgestaltet werden und die Fortschritte beim Erreichen der Klimaziele regelmäßig überprüft werden, so dass bei Bedarf nachgesteuert werden kann. Neben der erweiterten Anrechnung von Emissionsminderungen in Drittstaaten und der regelmäßigen Überprüfung der EU-Klimaziele ist jetzt mehr denn je entscheidend, dass die Ziele und die Rahmenbedingungen, die für deren Erreichung notwendig sind, zusammengedacht werden. Brüssel muss mehr tun, als lediglich immer neue ambitionierte Ziele vorzugeben bzw. vorzuschlagen, sondern die EU muss dafür sorgen, dass diese auch tatsächlich erreicht werden können. Regulierung allein ist noch keine Politik.
Generell gilt: Damit ambitionierte CO2-Reduktionsziele realisiert werden können, muss der Fokus z.B. im Verkehrssektor vor allem auf der europaweiten Lade- und H2-Tankinfrastruktur liegen. Brüssel und die Mitgliedsstaaten müssen deutlich mehr für den Ausbau der Lade- und H2-Tankinfrastruktur tun, denn er ist für den Erfolg der neuen Modelle auf den Straßen essenziell. Wichtig ist hier ein konsequentes Monitoring des Ausbaus, damit ggf. nachgesteuert werden kann.
Außerdem muss der Beitrag, den grüne Moleküle wie Wasserstoff, biogene Gase und erneuerbare Kraftstoffe auf dem Weg zur Klimaneutralität leisten können, stärker berücksichtigt werden. Grüne Moleküle spielen in vielen Bereichen eine Rolle, beispielsweise bei Hochtemperaturprozessen in der Industrie, bei der Speicherung von Energie, im Schwerlastverkehr oder bei der Defossilisierung der Bestandsflotte durch den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe.
Mit Blick auf das Potential bei der Defossilisierung der Bestandsflotte brauchen wir deshalb eine Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED), die über 2030 hinausgeht und einen technologieoffenen Rahmen bis 2050 setzt. Vor allem für den Straßenverkehr sind – wie beim Flug- und Schiffsverkehr – langfristige, ambitionierte Quoten für den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe notwendig.
Darüber hinaus ist der Zugang zu wettbewerbsfähiger sauberer Energie zentral. Hierzu braucht es den unbürokratischen Ausbau heimischer erneuerbarer Energie sowie langfristige, diversifizierte Energiepartnerschaften. Genauso entscheidend sind Rohstoffpartnerschaften als Grundlage für eine erfolgreiche Transformation und um gerade Angesicht zunehmender geopolitischer Herausforderungen Diversifizierung und Resilienz tatsächlich zu ermöglichen. Nur mit einem insgesamt international wettbewerbsfähigen Standort, lassen sich die Klimaziele in Verbindung mit Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätzen – und damit auch mit Akzeptanz der Menschen – erreichen.“





Sprecher
Benedikt Herzog-Wolbeck
Schwerpunkt Wirtschaftspolitik & Handel