Wissmann: Nutzfahrzeuge werden noch effizienter

    Berlin, 26. Juni 2013

    „Nutzfahrzeuge werden in Zukunft noch effizienter. Die Nutzfahrzeugindustrie trägt entscheidend dazu bei, das bevorstehende Wachstum des Güterverkehrs nachhaltig zu meistern“, sagte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), anlässlich des VDA-Nutzfahrzeugsymposiums 2013 in Berlin. Ein 40-Tonner im Fernverkehr verbrauche heute im Durchschnitt nur noch rund 30 Liter oder weniger auf 100 Kilometer. „In den vergangenen drei bis vier Jahrzehnten haben Nutzfahrzeuge ihre Transporteffizienz auf der Straße nahezu verdoppelt. Mit Innovationen bei der Aerodynamik oder dem Lang-Lkw werden wir den CO2-Ausstoß unserer Nutzfahrzeuge in Zukunft noch weiter reduzieren. Neue Materialien, konsequente Gewichtsoptimierung und noch effizientere Dieselmotoren werden zusätzliche Fortschritte bringen“, betonte Wissmann weiter.

    Um weitere Fortschritte bei der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs schwerer Nutzfahrzeuge zu ermöglichen, forderte Wissmann eine „Politik mit viel Augenmaß und nüchternem Kalkül“. Wissmann: „Wir stehen im harten internationalen Wettbewerb und sehen uns zugleich einem wachsenden Spannungsfeld von Regulierungen gegenüber. Deshalb müssen Richtlinien, Gesetze und Vorschriften noch viel stärker die Realität der Märkte im Blick behalten. Sie müssen aus einem Guss sein." Neue Lärmgrenzwerte, weniger Kraftstoffverbrauch, niedrigere Emissionen von Schadstoffen – all das werde die Industrie weiter optimieren. „Aber die Physik lässt sich nicht überlisten. Überall gleichzeitig neue Bestimmungen zu erlassen – die sich womöglich auch noch widersprechen – das wird nicht zur Mobilität, zum Güterverkehr oder zum Nutzfahrzeug von morgen führen“, so Wissmann. Stattdessen müssten klare Prioritäten gesetzt werden.

    Mit dem neuen Euro-VI-Standard seien die klassischen Schadstoff- und Partikelemissionen nun auf einem absoluten Minimum angelangt. Die neue Abgasnorm Euro VI gilt ab 1.1.2014 für alle neuen Lkw. Der Standard legt Grenzwerte für die Emissionen von Partikeln, Stickoxiden, Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid fest. „Die Abgasluft ist mit Euro VI faktisch rein. Eine eigene Maut-Klasse für Euro-VI-Fahrzeuge wäre daher wirtschafts- und umweltpolitisch sinnvoll, damit die Fahrzeuge auch möglichst rasch zum Einsatz kommen. Wir setzen darauf, dass nach der Bundestagswahl im Herbst zügig darüber entschieden wird“, sagte Wissmann.

    Dr. Wolfgang Bernhard, Daimler AG

    Für Dr. Wolfgang Bernhard, Vorsitzender des VDA-Vorstandskreises Nutzfahrzeuge und im Vorstand der Daimler AG verantwortlich für Daimler Trucks und Daimler Buses, ist ein koordiniertes Vorgehen von Industrie und Politik elementar, um die Vorreiterrolle Europas in der Nutzfahrzeug Industrie auch in Zukunft zu halten. „Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass verschiedene gesetzliche Ziele sich gegenseitig nicht im Weg stehen“, sagte Bernhard.  Bei zukünftigen Ansätzen, um möglichst viel CO2 einzusparen, sei eine Konzentration auf machbare und vor allem wirtschaftlich realisierbare Lösungen wichtig. „Denn wir alle wissen: Was sich für unsere Kunden nicht rechnet, wird auch nicht gekauft und ist damit auch für die Umwelt wertlos“, so Bernhard weiter. Beide Partner müssten sich aufeinander verlassen können. „Nur so ist gewährleistet, dass am Ende das Beste für alle herauskommt: für unsere Kunden, für uns als Hersteller und für die Gesellschaft insgesamt.“

    Dr. Leif Östling, Volkswagen AG

    Dr. Leif Östling, Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG, zuständig für den Geschäftsbereich Konzern Nutzfahrzeuge, betonte in seinem Vortrag, dass eine moderne, arbeitsteilige Wirtschaft, die den Menschen Einkommen und Wohlstand bringe, ohne einen effizienten Straßentransport undenkbar wäre. „Das gilt für Deutschland, Europa, aber zunehmend auch im weltweiten Kontext und damit für die globalen Märkte von morgen. Der zukünftige Straßengüterverkehr und die damit einhergehenden Nutzfahrzeuge werden mit Blick auf Energieverbrauch, CO2-Emissionen und Umweltbilanz nicht annähernd mit heute gebräuchlichen Technologien und Organisationsformen vergleichbar sein“, erläuterte Östling.

    „Der Straßengüterverkehr, die Nutzfahrzeugindustrie und ihre Kunden haben ein großes Innovationspotenzial, wie der Rückblick in die Vergangenheit beweist“, sagte Östling weiter. Der Erfindergeist und die Innovationsfähigkeit der Hersteller rund um das Nutzfahrzeug seien noch lange nicht am Ende. Östling zeigte sich überzeugt, „dass lange vor dem Ende des Zeitalters fossiler Brennstoffe ein energieeffizienter und ressourcenschonender Güterverkehr auf der Straße – auch im Verbund aller Verkehrsträger – zu schaffen ist.“ Mit Blick auf die Regulierungsbestrebungen der EU betonte Östling: „Transporteffizienz und damit Umwelt- und Klimaschutz entstehen durch fairen Wettbewerb. Die Kunden entscheiden, nicht die staatliche Lenkung. Daher ist das wirksamste Klimaschutzgesetz das Gesetz des Marktes. Unsere Kunden erwarten minimalen Verbrauch und damit minimale Emissionen. Deshalb setzen wir alles daran, entsprechende Nutzfahrzeuge zu liefern – für Deutschland, Europa und weltweit.“ 

    Dr. Jos Delbeke, DG Climate Action, Europäische Kommission

    Jos Delbeke, Director General DG Climate Action der Europäischen Kommission, verwies auf das Ziel der Europäischen Kommission, die Verkehrsemissionen bis 2050 um 60 Prozent gegenüber 1990 zu senken. „Die Europäische CO2-Regulierung für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge hat sich als effektiv erwiesen und zu einer Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der Emissionen der Fahrzeuge geführt. Die Situation der schweren Nutzfahrzeuge unterscheidet sich davon jedoch deutlich“, sagte Delbeke. Die CO2-Emissionen dieser Fahrzeuge würden nicht erfasst. Der Markt für schwere Nutzfahrzeuge sei jedoch rational und wettbewerbsintensiv, die Transportunternehmen strebten eine kontinuierliche Minimierung des Kraftstoffverbrauchs und damit ihrer Betriebskosten an. Dessen ungeachtet sei es Ziel der EU-Kommission, für mehr Transparenz im Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch und der CO2-Emissionen zu sorgen.

    Bereits 2010 habe die Kommission eine Strategie zum Umgang mit CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge angekündigt. Delbeke weiter: „Diese Strategie wird derzeit fertiggestellt. Wir werden vorschlagen, sich zunächst auf die Erfassung und das Monitoring der Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge zu konzentrieren. Möglich wird das durch die gute Zusammenarbeit der Kommission und der Industrie bei der Entwicklung eines neuen Simulationstools für CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge.“ Die Kommission setze darauf, „diese hervorragende Zusammenarbeit fortzuführen und will mit der angekündigten Strategie einen verlässlichen Rahmen schaffen, der unternehmerische Entscheidungen und die Investitionsplanung erleichtert“, betonte der Generaldirektor.

    Ulrich Schöpker, Schmitz Cargobull AG

    Auch für die deutsche Trailerindustrie seien ökologisch und ökonomisch effiziente Lösungen heute ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, erklärte Ulrich Schöpker, Vorstand Schmitz Cargobull AG und Vizepräsident des VDA. Kraftstoff- und damit CO2-Emissionsminderung bei gleichzeitiger Praxistauglichkeit hätten auch bei einem kürzlich entwickelten aerodynamischen Konzept-Lastzug im Vordergrund gestanden. „Hier haben wir bewiesen, dass bis zu 4,5 Prozent weniger Treibstoffverbrauch allein durch aerodynamische Verkleidungen erreicht werden können.“ Weitere Verbrauchseinsparungen lassen sich darüber hinaus, so Schöpker, durch gewichtsreduzierte Stahl-Alu-Chassis, hochmoderne Leichtlaufachsen, Systeme zur korrekten Reifendruckbefüllung oder integrativen Telematiksystemen für Truck und Trailer mit gemeinsamen EDV-Plattformen erreichen. Mit Blick auf den Feldversuch mit Lang-Lkw betonte Schöpker: „Einen weiteren, wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Senkung der Emissionen und der Verkehrsraumbelastung sehen wir im Langzugkonzept für den Güterfernverkehr. Mit den heute bereits existierenden Fahrzeugen lassen sich in allen Bereichen die Belastungen um bis zu 30 Prozent reduzieren. Zudem würde die Konkurrenzfähigkeit der Transportbranche deutlich steigen, da die Fahrzeuge auch im intermodalen Schienenverkehr eingesetzt werden können.“