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E-Auto-Zentrum Deutschland? Wo stehen wir bei Elektromobilität
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Der erfolgreiche Hochlauf der Elektromobilität für Pkw und Nutzfahrzeuge hängt wesentlich vom Ausbau der Ladeinfrastruktur und bezahlbaren Ladestrompreisen ab
Die deutsche Automobilindustrie nimmt eine führende Rolle im Markt für Elektroautos ein. Aktuell bietet die deutsche Automobilindustrie weltweit 130 E-Modelle an und genießt eine starke Präsenz auf dem heimischen Markt: Sechs von zehn Elektroauto-Käufern in Deutschland entscheiden sich für ein Modell eines deutschen Herstellers. Zudem ist eine zunehmende Modellvielfalt in den kommenden Jahren zu erwarten, die alle Fahrzeugsegmente einschließlich der Kleinwagen umfasst.
Rund 4,8 Prozent des Pkw-Bestandes sind zum Jahresbeginn 2024 elektrisch angetrieben
Die BEV-Neuzulassungen (untenstehende Abbildung) sind 2023 gegenüber 2022 um +11 Prozent auf 524.219 gestiegen. Dem gegenüber steht eine Reduzierung der Plug-In Hybridfahrzeuge (PHEV) um -51 Prozent auf 175.724 Fahrzeuge, was mit dem Wegfall des Umweltbonus
für PHEVs zum 1.1.2023 zu erklären ist. Am 1.1.2024 lag der Bestand geschätzt bei 2,33 Millionen Elektro-Pkw, wovon in etwa 1,41 Mio. BEV waren. Damit waren rund 4,8 Prozent des Pkw-Bestandes elektrisch angetrieben, davon 2,9 Prozent- punkte BEV.
Inflationsdruck und Wegfall des Umweltbonus bremsen Kaufbereitschaft - deutsche Hersteller behaupten sich dennoch als zweitgrößter Produzent weltweit
Die allgemeine Inflation und nicht zuletzt der Ende 2023 weggefallene Umweltbonus haben zu einer wachsenden Kaufzurückhaltung geführt und gefährden den Hochlauf der Elektromobilität. Doch auch wenn der Markt für Elektrofahrzeuge vorübergehend schwächelt, sind die Kennzahlen ermutigend: Allein die deutschen Hersteller werden bis 2030 deutlich mehr als 15 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge produzieren.
Deutschland ist damit hinter China und vor den USA weltweit der zweitgrößte Produzent von E-Pkw. 78 Prozent der in Deutschland gefertigten E-Pkw gingen im Jahr 2023 in den Export. In welchen Märkten diese Fahrzeuge abgesetzt werden, hängt vor allem von den jeweiligen Rahmenbedingungen ab.
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss beschleunigt werden
Der Aufbau der Ladeinfrastruktur und der dafür nötigen Stromnetze bleiben entscheidende Kriterien für den Erfolg der Elektromobilität. Die Menschen brauchen die Gewissheit, überall und zu jeder Zeit unkompliziert laden zu können. Laut der Allensbach-Studie „Mobilität und Nachhaltigkeit“ vom 12.10.2023 betrachten 68 Prozent der Befragten das Angebot an Lademöglichkeiten in ihrer Umgebung kritisch. 61 Prozent äußern sich ähnlich über die Ladeinfrastruktur an Einkaufsorten, während 49 Prozent Defizite auf Autobahnen und Landstraßen sehen. Aktuell verfügen zwei Fünftel aller Gemeinden über keinen einzigen Ladepunkt, und mehr als drei Viertel aller Gemeinden besitzen keinen Schnellladepunkt.
Zum 1. November 2023 waren in Deutschland 115.308 Ladestationen für Elektroautos bei der Bundesnetzagentur registriert. Davon boten 22.047 Stationen eine Leistung über 22 kW. Besonders hervorzuheben sind die 13.679 High-Per-formance-Ladepunkte mit einer Leistung
ab 150 kW, die sich durch ein besonders schnelles Wachstum auszeichnen. Um das Ziel der Bundesregierung - eine Million La- depunkte bis 2030 - zu erreichen, müsste das Ausbautempo der letzten 12 Monate nahezu verdreifacht werden. Die Bevölkerung erwartet vor allem von
der Energiewirtschaft, von der Bundes- regierung und von Tankstellenbetreibern einen nennenswerten Beitrag beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Der notwendige Ausbau der Ladeinfrastruktur erfordert staatliche Unterstützung. Dabei kommt es auf die schnelle und ambitionierte Umsetzung aller Maßnahmen des Masterplans II inkl. Deutschlandnetz sowie der EU-Vorgaben AFIR und EPBD an. Die Verpflichtung zur Einrichtung von Ladestationen an Tankstellen fördert den flächendeckenden Aufbau der Ladeinfrastruktur und deren Präsenz an bekannten Standorten – ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz bei den Nutzern.
Niedrige Preise für den Ladestrom steigern die Attraktivität der Elektromobilität
BEV-Lkw sind marktreif und stehen unmittelbar vor der Serienproduktion, BEV-Stadtbusse sind bereits zunehmend im Einsatz. Die Hersteller brauchen langfristige Planungssicherheit bei CO2-Zielvorgaben, Infrastruktur und staatlicher Unterstützung.
Elektrifizierung des Nutzfahrzeugsektors
Bei den Total Cost of Ownership (TCO) sind BEV in der Regel schon heute günstiger als konventionelle Fahrzeuge. Der Preisvorteil ist mit Ende der Kaufprämie aber deutlich kleiner geworden. Die Preise für Ladestrom sind ein entscheidender Hebel für die finanzielle Attraktivität der E-Mobilität. Deutschland hat hier Nachholbedarf. Insbesondere die Entwicklung der Netzentgelte liefert Grund zur Sorge.
Ausbau der Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge in Deutschland dringend erforderlich
Zurzeit gibt es so gut wie keine öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur mit hohen Anschlussleistungen für schwere Nutzfahrzeuge, die 70 Prozent der Güterverkehrsleistung in Deutschland erbringen, sowie für Reisebusse.
Für den Einsatz elektrischer Lastkraftwagen ist nicht nur das Laden in Depots, sondern auch eine öffentliche Ladeinfrastruktur erforderlich. Deshalb sollte der Schwerpunkt auf die schnelle Ausschreibung und Errichtung eines Anfangsnetzes von öffentlich zugänglichen Ladestationen entlang der Autobahnen für den elektrischen Schwerlastverkehr gelegt werden. Zudem ist es wichtig, dass die Finanzierung dieses Projekts ab 2025 und für die darauffolgenden Jahre gesichert ist.
Hochlauf elektrischer Lkw erfordert staatliche Unterstützung: Förderprogramme und steuerliche Anreize dringend erforderlich
Der Hochlauf elektrischer Lkw steht noch am Anfang. Daher sind die Anschaffungskosten signifikant höher als bei konventionellen Fahrzeugen. Um den Hochlauf zu unterstützen, sind staatliche Förderprogramme unerlässlich. Das Förderprogramm für Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur (KsNI) sollte im Haushalt 2025 unbürokratischer neu aufgesetzt werden und um steuerliche Anreize zum Umstieg auf BEV/FCEV-Fahrzeuge für Flottenbetreiber ergänzt werden. Die Steuerbefreiung von Null-Emissions-Fahrzeugen in der Lkw-Maut sollte langfristiger angelegt werden.
Bidirektionales Laden steigert die Attraktivität von Elektromobilität
Bidirektionale Laden ist eines der zentralen Zukunftsfelder für die klimaneutrale Mobilität und der Energiewende, denn es steigert die Attraktivität von Elektromobilität, fördert den Ausbau der erneuerbaren Energien und hat das Potenzial, die Stabilität der Stromnetze zu unterstützen. Deutschland muss Vorreiter und Technologieführer für bidirektionale Ladetechnologien werden.
Die Automobilindustrie arbeitet mit Hochdruck an der Einführung des bidirektionalen Ladens
Bereits heute werden erste Elektroautos mit der Möglichkeit zum bidirektionalen Laden ("BiDi-ready“) ausgeliefert oder können mit entsprechender Wallbox geladen und entladen werden. In den kommenden Jahren ist eine deutliche Steigerung der im Markt verfügbaren Elektroautos und ihres Funktionsumfangs zu erwarten. Für eine erfolgreiche Markteinführung gilt es nun, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist die Abschaffung der Doppelbelastungen bei den Stromnebenkosten ein entscheidender Faktor. Zudem bedarf es einen kooperativen Ansatzes von Automobilindustrie und Energiewirtschaft, um Datenlösungen im Sinne der Kunden zu realisieren.