Qualitäts-Gipfeltreffen 2022

    Strategien für ein erfolgreiches Qualitätsmanagement

    Beim 18. Qualitäts-Gipfeltreffen der Automobilindustrie in Berlin ging es um Lösungen, mit denen Unternehmen ihr Qualitätsmanagement auch unter schwierigen Rahmenbedingungen weiterentwickeln können. Prävention und das richtige „Mindset“ sind in diesem Zusammenhang zwei wichtige Ansätze.

    Beim 18. Qualitäts-Gipfeltreffen der Automobilindustrie in Berlin ging es um Lösungen, mit denen Unternehmen ihr Qualitätsmanagement auch unter schwierigen Rahmenbedingungen weiterentwickeln können. Prävention und das richtige „Mindset“ sind in diesem Zusammenhang zwei wichtige Ansätze.

    Am 29. und 30. November fand die 18. Ausgabe des „VDA QMC-Qualitäts-Gipfeltreffen der Automobilindustrie“ in Berlin statt. Leitthema war: „Qualität im Zeitalter globaler Veränderungen“. Die zweitägige Veranstaltung gilt deutschlandweit als wichtigste Fachtagung zum Thema Qualitätsmanagement der Branche mit rund 150 Expertinnen und Experten.

    Qualitätsmanagement nimmt in der Automobilindustrie eine zentrale Rolle ein: Die Komplexität der Produkte und die weltweit vernetzen Lieferketten erfordern, dass die Einzelteile, Komponenten und Fahrzeuge in der korrekten Stückzahl zeitlich aufeinander abgestimmt geliefert und verbaut werden – alles in allem Prozesse, die sich gerade angesichts der heutigen Rahmenbedingungen dynamisch entwickeln können. Zusätzlich sorgen straffere Entwicklungszeiten, neue Antriebskonzepte und gesetzliche Vorgaben sowie die zunehmende Digitalisierung rund ums Automobil dafür, dass die Herausforderungen in der Entwicklung und Produktion stetig zunehmen.

    „Qualität ist die Basis unserer Wettbewerbsfähigkeit“

    Modernes Qualitätsmanagement hat viele Facetten – schon allein deshalb gab es an den beiden Gipfeltagen viele inhaltliche Anknüpfungspunkte für die Teilnehmenden. Im Zentrum der Vorträge und Podiumsdiskussionen standen Lösungsansätze, wie die Unternehmen die Qualität in ihren verschiedenen Geschäftsbereichen unter den aktuellen Bedingungen beständig weiterentwickeln können. „Dabei ist klar, dass sich Qualität nicht nur in der Produktqualität des Fahrzeugs oder dessen einzelnen Komponenten erschöpft. Qualität zeigt sich in allen Unternehmens- und Produktionsprozessen – vom Design bis zum Testen und Erproben des Teiles im Fahrzeug,“ erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller in ihrer Eröffnungsrede und betonte: „Die Qualität der Fahrzeuge der deutschen Automobilindustrie ist die Basis unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Unser gemeinsamer Anspruch ist es, diese Qualität und unsere weltweite Technologieführerschaft zu erhalten und auszubauen.“

    Im Gespräch: VDA-Präsidentin Hildegard Müller mit Herrn Peter Wolf, Leiter des Bereichs Unternehmensqualität bei der BMW Group

    Diesen Qualitätsanspruch gilt es auch in schwierigen Zeiten gerecht zu werden. Aktuell ist das eine gewaltige Herausforderung: Der andauernde Angriffskrieg Russlands sowie die eingeschränkte Verfügbarkeit bei Halbleitern, anderen Vorprodukten und Rohstoffen strapazieren die Liefer- und Transportketten. Weiterhin belasten die massiv gestiegenen Energiepreise besonders stark die mittelständischen Firmen. Die Geschäftsmodelle unserer Branche stehen unter Stress, Vieles muss neu erdacht werden – und dass auch unter Berücksichtigung des Klimaschutzes. Die Automobilindustrie treibt ihre Transformation zur klimaneutralen Mobilität entschlossen voran - beispielsweise durch alternative Antriebe, die Digitalisierung sowie vernetztes und automatisiertes Fahren. Klar ist: Diese langfristigen Wandlungsprozesse sind nur erfolgreich, wenn sie durch ein verantwortungsvolles Qualitätsmanagement organisiert und gesteuert werden.

    Langfristige Kampagne für ein hohes Qualitätsverständnis

    Aber wie kann das konkret aussehen? Zwei Beispiele. Peter Wolf, Leiter des Bereichs Unternehmensqualität bei der BMW Group, stellte in seinem Vortrag „Qualitäts-Mindset – eine Frage der Unternehmenskultur“ den Menschen – konkret die Mitarbeitenden einer Organisation mit ihrer inneren Haltung und ihrem Handeln – in den Mittelpunkt neben den klassischen KPIs („Key-Performance-Indicator“, auf Deutsch: Leistungskennzahl) der technischen Qualitätssicherungsthemen wie Controlling-Tools und Audits. Peter Wolf und sein Team haben eine langfristige strategische Kampagne für BMW entwickelt, die darauf abzielt, dass die Kolleginnen und Kollegen in allen Unternehmensbereichen dasselbe hohe Qualitätsverständnis verinnerlicht haben und in ihren jeweiligen Projekten umsetzen. „Wenn es gelingt, dieses Qualitäts-Mindset als wesentlichen Teil der Kultur im ganzen Unternehmen zu verankern, dann wird Handeln und Entscheiden aus intrinsischer Motivation der Mitarbeitenden erfolgen,“ sagt Peter Wolf.

    Michael Neuheisel (Continental AG) und Peter Wolf (BMW Group) während einer Podiumsdiskussion

    Dieses Wertesystem wird den Mitarbeitenden in verschiedenen dauerhaften Kommunikations- und Schulungsformaten vermittelt. Dabei geht es darum, dass ein kontinuierliches und reflektiertes Lernen fester Bestandteil des Arbeitsalltages ist und im besten Fall nie aufhört. Was im ersten Moment etwas abgedroschen klingt, legt jedoch den Grundstein für ein agiles, also weitgehend selbstbestimmtes Arbeiten, und stärkt die Fähigkeit zur Selbstführung und -organisation. Mit diesen Werkzeugen können die Mitarbeitenden Stück für Stück eine Qualitätskompetenz aufbauen, ohne die ein Handeln mit den gewünschten Ergebnissen gar nicht möglich wäre. Und welche Aufgaben haben die Führungskräfte in dem Zusammenhang? „Sie müssen zuerst die Mitarbeitenden in ihrem individuellen Aufgabengebiet ‚abholen‘ und dann für die eigene Weiterentwicklung gewinnen. Neben der eigenen Vorbildfunktion gehört es deshalb dazu, stetig effektives und motivierendes Feedback zur geben, eine offene und faire Fehlerkultur zuzulassen und für eine wertneutrale Transparenz zu sorgen.“

    Dank Präventionsarbeit besser Risiken händeln

    Anderer Vortrag, anderer Ansatz: Wie Automobilunternehmen strategisch besser auf Herausforderungen reagieren können, erklärte Michael Neuheisel, Head of Group Quality, CBS & Environment bei der Continental AG. Im Rahmen der Continental-Qualitätsstrategie soll die Belegschaft langfristig auf auftretende Herausforderungen im Arbeitsalltag besser vorbereitet sein. Sie sollen so fit gemacht werden, dass sie Risiken besser einschätzen können, und somit robustere Produkte, Systeme und Dienstleistungen entstehen. Michael Neuheisel und sein Team haben dafür sechs Entwicklungen identifiziert, warum sie ihre präventive Arbeit verstärken:

    1. Steigende Komplexität der Kundenanforderungen
    2. Technologiewandel mit neuen Produkten und Materialien
    3. Länderspezifische Verordnungen (zum Beispiel das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz)
    4. Versorgungsengpässe und neue Lieferanten
    5. Agilität (schelle Reaktion auf Produktebene)
    6. Veränderndes Arbeitsfeld (zum Beispiel mobiles Arbeiten).
    Michael Neuheisel sprach darüber, wie wichtig der strategische Umgang mit Risikobereichen für unternehmerisches Qualitätsmanagement ist

    Das Thema risikobasiertes Arbeiten spielt besonders im Bereich der Produkt- und Technical Compliance eine große Rolle. Um sich hier besser aufzustellen, hat sich Michael Neuheisel mit den Problemen der Vergangenheit beschäftigt und daraus für die Zukunft vorbeugende Maßnahmen abgeleitet. „Wir haben es heute mit sehr tiefen Lieferketten zu tun, die immer komplexer werden und neue Umweltanforderungen und andere Ansprüche an die Produktgestaltung stellen. Deshalb überwachen wir auf Konzernebene die Gesetzeslage und stellen die relevanten Vorgaben über eine zentrale Datenbank den Kolleginnen und Kollegen in der Produktentwicklung zur Verfügung,“ so Michal Neuheisel weiter.

    Auch bei der Bewältigung des aktuellen Halbleitermangels ist risikobasiertes Arbeiten bei Continental die Grundlage, um so gut wie es geht, flexibel zu reagieren. Das hohe Maß an Flexibilität birgt jedoch Risiken: Es kann vorkommen, dass während eines Entwicklungsprojektes eine einzelne Komponente geändert werden muss, da sie von einem bestimmten Zulieferer nicht wie geplant erhältlich ist. Dann muss geprüft werden, ob ein anderer Zulieferer eine kurzfristige Alternativvariante mit derselben Leistung zur Verfügung stellen kann. „In der Vergangenheit war es ein Tabuthema, während der Entwicklungszeit grundlegende Komponenten zu ändern. Denn hier besteht ein hohes Risiko, Faktoren zu übersehen, die später zu erhöhten Ausfallwahrscheinlichkeiten führen oder anders dem Projekt schaden können.“ Aus diesem Grund kommt es bei der Zusammenarbeit mit Kunden immer mehr auf eine transparente und lösungsorientierte Kommunikation zu diesen Risiken an.

    Viele Teilnehmende nutzten die Gelegenheit für den persönlichen Austausch beim Abendempfang

    Mit solchen und anderen Herausforderungen des Qualitätsmanagements beschäftigt sich auch das Team des Qualitätsmanagement Centers (VDA QMC), einer Abteilung des Verbands der Automobilindustrie. Gemeinsam mit Herstellern und Zulieferern werden neue Methoden und Techniken erarbeitet und in Definitionen, Regelungen und Forderungen formuliert. Einen inhaltlichen Überblick gibt es auf der QMC-Website

    Der Qualitätsmanagement-Ausschuss (QMA) versteht sich als gemeinsame Plattform für die Erarbeitung und Umsetzung harmonisierter Qualitätsstrategien und -Methoden innerhalb der Automobilindustrie. Kontaktinformationen und weitere Hintergründe zum QMA stehen Ihnen im Mitgliederberich zur Verfügung. 

    Leitung des VDA QMC

    Heinz-Günter Plegniere

    Leitung VDA QMC, QMC-Vertretung in der IATF, QM-Ausschuss, QM-Beirat, Vertretung des QMC in den Gremien im VDA