Neuzulassungen Pkw

    Weltmarkt konsolidiert sich

    Im Jahr 2022 konnte der mitten in der Transformation stehende Pkw-Weltmarkt eine Seitwärtsbewegung verzeichnen. Der Chipmangel verhinderte ein besseres Ergebnis.

    Im Jahr 2022 konnte der mitten in der Transformation stehende Pkw-Weltmarkt eine Seitwärtsbewegung verzeichnen. Der Chipmangel verhinderte ein besseres Ergebnis.

    Nach dem Zuwachs 2021 um 5 Prozent auf 71,4 Mio. Pkw, kam es 2022 nur zu einem minimalen Wachstum auf 71,7 Mio. Pkw.  Damit liegt der Weltmarkt weiterhin um rund 12 Mio. Einheiten unter dem Vorkrisenvolumen von 2018. Die Entwicklung verlief letztes Jahr in den einzelnen Regionen uneinheitlich. Im folgenden wird das Autojahr in den drei wichtigsten Märkten Europa, USA und China beleuchtet, die gemeinsam für mehr als zwei Drittel der globalen Pkw-Neuzulassungen stehen.

    Europa erneut rückläufig

    Nach den für die Automobilindustrie schwierigen Jahren 2020 und 2021, war auch das abgelaufene Jahr 2022 wieder von zahlreichen Turbulenzen und Herausforderungen geprägt. Der Jahresstart auf dem europäischen Pkw-Markt (EU, EFTA & UK) entwickelte sich vielversprechend. Die Hoffnung auf nachlassende Einschränkungen, die infolge der COVID-Pandemie initiiert wurden, war allgegenwärtig. Trotz weiterhin vorherrschender Knappheit an Rohstoffen sowie Vor- und Zwischenprodukten - insbesondere Halbleitern - verbesserte sich die allgemeine Versorgungslage merklich, sodass Zuversicht, zeitnah Aufholeffekte generieren zu können, spürbar war.

    Der russische Angriffskrieg in der Ukraine machte die Hoffnung auf eine baldige Erholung des europäischen Pkw-Absatzes allerdings rasch zunichte. Infolge des Krieges gerieten Lieferketten erneut erheblich unter Druck, Preise für Rohstoffe und Energie schossen in die Höhe und die industrielle Produktion, unter anderem im Automobilsektor, wurde erheblich ausgebremst. Zielgerichtete Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Energieträgern und eine Diversifizierung der Lieferketten stabilisierten die Wertschöpfung im Jahresverlauf. Da sich die Situation sukzessive verbesserte, konnte sich ein Aufholeffekt -zumindest teilweise - materialisieren.

    Trotz der ansteigenden Tendenz in der zweiten Jahreshälfte musste der europäische Pkw-Markt im Jahr 2022 insgesamt einen Rückgang der Neuzulassungen verkraften. Seit dem letzten Vorkrisenjahr 2019 ging es bereits das dritte Jahr nacheinander bergab. Es wurden 11,3 Millionen Pkw abgesetzt, was einer Reduktion um 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Im durch den Kriegsbeginn in der Ukraine gezeichneten ersten Halbjahr wurden knapp 14 Prozent weniger Fahrzeuge an den Kunden gebracht als noch im bereits schwachen Vergleichszeitraum des Vorjahres. 

    Im zweiten Halbjahr wurde zwar ein Wachstum von knapp 8 Prozent realisiert, dieser Anstieg konnte den deutlichen Rückschlag im ersten Halbjahr aber nicht gänzlich kompensieren. Die fünf größten Einzelmärkte entwickelten sich mehrheitlich negativ. Lediglich der deutsche Markt konnte, nach einem schwachen Vorjahr, ein knappes Plus (+1 Prozent) verzeichnen. 

    Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Osteuropa

    Als zweitgrößter Pkw-Markt in Europa konnte sich im Jahr 2022 das Vereinigte Königreich platzieren und stieg damit im Vergleich zum Vorjahr auf. Nichtsdestotrotz bedeuteten 1,6 Millionen Neuzulassungen ein Minus um gut 33.000 Einheiten und 2 Prozent. Die Versorgungskrise gepaart mit Logistikschwierigkeiten und zahlreichen innenpolitischen Unstimmigkeiten limitierte den Markt und verunsicherte die Verbraucher.

    Deutlicher brach der französische Markt ein (-8 Prozent). Dieser ist mit 1,5 Millionen abgesetzten Neufahrzeugen nur mehr der drittgrößte europäische Einzelmarkt. In Frankreich wurden knapp 130.000 Einheiten weniger zugelassen als noch im Vorjahr. Der Chip-Mangel, eine schlechte Verfügbarkeit von Neufahrzeugen und die Folgen des Ukraine-Kriegs belasteten den französischen Pkw-Markt überdurchschnittlich stark. 

    Nachdem der italienische Markt im Jahr 2021 noch das höchste Wachstum der größten Einzelmärkte verzeichnen konnte, gab es im abgelaufenen Jahr einen Rückschlag. Italienische Händler setzten gut 1,3 Millionen Pkw ab (-10 Prozent) und damit 140.000 Stück weniger als noch ein Jahr zuvor. Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf den europäischen Markt, machten sich in Italien deutlich bemerkbar. In Kombination mit schon vorher belastenden Versorgungsengpässen, kam es zu einem erheblichen Einbruch des Pkw-Absatzes (-23 Prozent im ersten Halbjahr 2022), der auch durch solide Wachstumsraten im weiteren Jahresverlauf nicht mehr kompensiert werden konnte. 

    Auf dem spanischen Pkw-Markt verzeichnete man 813.400 Neuzulassungen. Dies waren gut 5 Prozent weniger als im Vorjahr. An das Niveau der Vorkrisenjahre 2018 und 2019 konnte man dementsprechend auch im Jahr 2022 keinen Anschluss finden. Die Verkäufe lagen weiterhin 35 Prozent unterhalb des Vorkrisenniveaus. Im vergangenen Jahr hatte der Markt insbesondere mit Logistikschwierigkeiten in den Häfen zu kämpfen, sodass den Händlern zeitweise deutlich weniger Fahrzeuge zum Verkauf bereitgestellt werden konnten. Darüber hinaus wiegt der Kaufkraftverlust infolge hoher Inflation, unter anderem durch den Krieg in der Ukraine, auf den Spaniern besonders schwer.   

    Die Länder Osteuropas entwickelten sich im abgelaufenen Jahr äquivalent zum europäischen Gesamtergebnis. Die Neuzulassungen reduzierten sich auch dort um durchschnittlich 4 Prozent. Der mit Abstand größte Einzelmarkt der osteuropäischen Länder ist weiterhin Polen. Im östlichen Nachbarland Deutschlands wurden rund 419.700 Pkw neu zugelassen – 6 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Auch in der Tschechischen Republik gab der Absatz nach leichtem Wachstum im Jahr 2021 nun wieder nach. Im Jahr 2022 erreichte der tschechische Pkw-Markt ein Volumen in Höhe von 192.100 Einheiten und schrumpfte um 7 Prozent.

    Der Absatz der deutschen OEMs blieb von der negativen Gesamtentwicklung nicht unberührt. Bei einem Rückgang der Verkäufe um 5 Prozent, musste sogar eine leicht unterdurchschnittliche Performance verkraftet werden. Im Jahresverlauf wurden gut 5,2 Millionen Pkw deutscher Konzernmarken zugelassen. Dementsprechend sank der Marktanteil deutscher Hersteller auf dem europäischen Markt auf 46,3 Prozent (Vorjahr: 46,6 Prozent). 

    China über Vorkrisenniveau

    Der chinesische Pkw-Markt hat auch 2022 eine turbulente Entwicklung durchgemacht. Mit 23,2 Millionen verkauften Fahrzeugen (Großhandel) stieg der Absatz gegenüber dem Vorjahr dabei um 10 Prozent. Die Wachstumsdynamik in China legte im Vergleich zum Vorjahr nochmals zu und war so hoch wie seit 2016 nicht mehr. Wie schon im Vorjahr war China somit eine zentrale Stütze des Weltmarktes. Anders als in den meisten westlichen Ländern, bewegt sich der chinesische Pkw-Absatz wieder deutlich oberhalb des Vor-Corona-Niveaus von 2019, als 21,1 Millionen Pkw verkauft wurden. Die hohe Wachstumsdynamik hatte zudem zur Folge, dass der Weltmarktanteil Chinas 2022 auf 32 Prozent anstieg. 

    Dabei war die Entwicklung über das Jahr hinweg sehr ungleich: Während der automobile Absatz im ersten und vor allem auch im dritten Quartal 2022 ausgeweitet werden konnte (Q1: +9 Prozent; Q3: +37 Prozent), musste der Markt im zweiten Quartal einen leichten Rückgang verbuchen und erreichte im vierten Quartal gerade so Vorjahresniveau (Q2: -1 Prozent; Q4: ±0 Prozent).

    Die Gründe hierfür waren vielschichtig. Ein wichtiger Faktor waren die neuerlichen Corona-Lockdowns, unter anderem in der Metropolregion Shanghai, die insbesondere im April zu einem Einbruch des Pkw-Marktes führten (Apr: -43 Prozent). Wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß war das Pkw-Geschäft auch im März und Mai deutlich beeinträchtigt.

    Im Laufe des zweiten Quartals wurde auf politischer Ebene deutlich, dass die chinesische Regierung in ihrer wirtschaftspolitischen Ausrichtung die Automobilindustrie als ein zentrales Zugpferd der wirtschaftlichen Erholung infolge der Pandemie sieht. Dies wurde durch nachfragestützende Maßnahmen unterstrichen. So galt von Juli 2022 bis zum Ende des Jahres eine halbierte Mehrwertsteuer (5 Prozent statt 10 Prozent) auf Pkw mit einem Hubraum von weniger als 2 Liter und einen Verkaufspreis von maximal 300.000 Yuan (umgerechnet ~40.000€). Diese Steuersenkung sollte den Absatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor stützen, Pkw mit Elektromotor sind von dieser Steuer aktuell ohnehin ausgenommen.

    In der Konsequenz boomte der Pkw-Absatz im dritten Quartal. Insgesamt wurden im Zeitraum von Juli bis September 6,6 Millionen Neuwagen abgesetzt, so viele wie nie zuvor in einem dritten Quartal in China. Zum Jahresende ging der Absatz im Vorjahresvergleich dann wieder leicht zurück. Dabei ist zu beachten, dass das vierte Quartal 2021 bereits durch ein sehr hohes Marktvolumen gekennzeichnet war. Zudem sorgte die Corona-Ansteckungswelle im Zuge des Endes der No-Covid-Strategie Chinas für Verunsicherung der Verbraucher und wirkte somit zum Jahresabschluss bremsend auf den Pkw-Absatz. 

    Auch die deutsche Konzernmarken konnten ihren Absatz im vergangenen Jahr steigern. Mit 4,4 Millionen Pkw, wurden 2022 3 Prozent mehr Pkw deutscher Hersteller in China abgesetzt als im Vorjahr. Der Marktanteil sank damit jedoch auf 19,1 Prozent, den niedrigsten Stand seit 2016. 

    Bei der Segmentstruktur verfestigte sich im Jahr 2022 das Gesamtbild des Vorjahres. Das Segment der SUV stand erneut ganz oben in der Gunst der Kunden. Ihr Absatz wuchs um 11 Prozent auf 11,2 Millionen Einheiten. Noch nie wurden in China mehr SUV verkauft als im vergangenen Jahr. Ihr Anteil am gesamten chinesischen Automobilmarkt betrug 48 Prozent. Eine ebenso hohe Dynamik verzeichnete das Segment der Basic Cars, das auf insgesamt 11,1 Millionen Einheiten zulegte (+11 Prozent). Das Mini-Van-Segment hingegen fiel unter die Schwelle von 1,0 Millionen Fahrzeuge auf 937.000 Mini-Vans (-11 Prozent).

    China bleibt auch für die Automobilproduktion ein wichtiger Standort. 2022 wurden 23,5 Millionen Pkw im Reich der Mitte gefertigt, 12 Prozent mehr als 2021. Nur in den Jahren 2016 und 2017 wurden in China mehr Pkw gefertigt als im vergangenen Jahr (damals 23,8 Millionen bzw. 24,3 Millionen Pkw). In den Werken der deutschen Hersteller liefen 4,5 Millionen Pkw vom Band (+5 Prozent).

    US-Markt im Rückwärtsgang

    Der US-Light-Vehicle-Absatz ist 2022 um fast 8 Prozent auf 13,8 Millionen Einheiten zurückgegangen. Damit bleiben die Absatzvolumina aus der Prä-Corona-Zeit in weiter Ferne. Besonders in der ersten Jahreshälfte verlief das Geschäft schwach, während der Absatz in der zweiten Jahreshälfte wieder leicht zulegen konnte (H1: -18 Prozent; H2: +5 Prozent). Der wichtigste Einflussfaktor war hier der Mangel an Halbleitern und das daraus resultierende reduzierte Angebot. Ab Mitte des Jahres begann sich der Markt langsam wieder leicht zu erholen. 

    Einschränkungen des Angebots bestehen allerdings auch weiterhin. Neben einer verbesserten Versorgungslage wirkte sich die spiegelverkehrte Entwicklung des Angebots im Vorjahr ebenfalls auf die Veränderungsraten aus, als die erste Jahreshälfte durch solide Absatzzahlen gekennzeichnet war und der Halbleitermangel sich in der zweiten Jahreshälfte deutlich bemerkbar machte. 

    Ungebrochen ist auch der Trend zu größeren Fahrzeugen. Während die Verkäufe von Basic Cars 2022 um 14 Prozent zurückgingen, lag der Rückgang bei den Light Trucks nur bei 6 Prozent. Mittlerweile liegt der Light-Truck-Anteil an den Verkäufen bei 79,1 Prozent.

    Das größte Einzelsegment innerhalb der Light Trucks und der größte Gewinner der letzten Jahre waren die CUVs (Cross-Utility-Vehicles / Crossover), jenes Segment, das wir in Deutschland allgemein SUV nennen. Die CUV-Verkäufe mussten 2022 mit einem Rückgang um 7 Prozent auf rund 6,2 Millionen Einheiten einen vergleichsweisen geringen Rückgang hinnehmen. Damit erreichten sie einen Marktanteil von knapp 45 Prozent und bildeten erneut das größte Einzelsegment auf dem US-Markt. Die SUVs, im Vergleich zu den CUVs mit größeren Außenmaßen und Offroad-Charakteristika ausgestattet, kamen auf einen Marktanteil von gut 10 Prozent. Ihre Verkäufe sanken um 4 Prozent auf knapp 1,4 Millionen Einheiten. Der Absatz von Pickup-Trucks erreichte ein Volumen von 2,7 Millionen. Fahrzeugen (-3 Prozent) und einen Marktanteil von 19 Prozent. Schließlich wurden in den USA 0,6 Millionen Vans als letztes Teilsegment unter den Light Trucks verkauft (-11 Prozent; Marktanteil: 4 Prozent).

    Die deutschen Hersteller konnten ihre Marktposition in den USA im vergangenen Jahr erneut behaupten. Sie verkauften gut 1,3 Millionen Light Vehicles (-6 Prozent). Im wachsenden Light-Truck-Segment lag ihr Absatz mit 913.000 Fahrzeugen (-1 Prozent) fast auf Vorjahresniveau. Im Basic-Car-Segment gingen die Verkäufe mit 16 Prozent auf 350.000 Einheiten deutlich zurück. Der Marktanteil deutscher Konzernmarken am Light-Vehicle-Gesamtmarkt stieg 2022 auf 9,2 Prozent (2021: 8,9 Prozent). 

    Economic Intelligence & Volkswirtschaft

    Jan Cholewa

    Automobilkonjunktur, Automobilprognosen, Statistiken und Analysen Ausland

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