Digitale Innovation und Technologien im Fahrzeug

    Digitale Innovation und Technologien im Fahrzeug

    Vernetztes Fahren sowie Künstliche Intelligenz im Fokus – Wie die deutsche Automobilindustrie Zukunftstechnologien vorantreibt

    Die Automobilindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, der maßgeblich von digitalen Innovationen und neuen Technologien vorangetrieben wird. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung stehen Künstliche Intelligenz (KI) sowie das automatisierte und vernetzte Fahren. Beide Technologien bilden das Fundament für die Mobilitätslösungen der Zukunft. Die deutsche Automobilindustrie nimmt hierbei eine führende Rolle ein und trägt entscheidend dazu bei, Mobilität sicherer, effizienter, nachhaltiger und zukunftsfähig zu gestalten. Insbesondere automatisierte Fahrzeuge werden dabei eine wichtige Rolle spielen und maßgeblich zur Umsetzung moderner Verkehrs- und Mobilitätskonzepte beitragen.

    Automatisiertes und vernetztes Fahren: Schlüsseltechnologie für die Mobilität von morgen

    Autonomes und vernetztes Fahren (AVF) ist ein wesentlicher Treiber der technologischen Weiterentwicklung in der Automobilindustrie und nimmt eine enorme strategische Bedeutung ein. Qualifizierte Arbeitsplätze, eine hohe Wertschöpfung, großes Innovationspotenzial sowie die Sicherung der internationalen Wettbewerbsund Anschlussfähigkeit machen AVF zu einem entscheidenden Baustein für die Zukunft der Mobilität. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sind hier enorm, die Technologiepfade vielseitig, Wettbewerber aus den USA und China drängen massiv auf die Automobilmärkte – und nicht zuletzt verändert sich das gesellschaftliche und politische Umfeld rasant. Das sind anspruchsvolle Rahmenbedingungen für eine Branche, die sich mitten in der Transformation befindet und den Industriestandort Deutschland wie kaum eine andere geprägt hat. Um in diesem dynamischen Umfeld weiterhin erfolgreich zu bestehen und die technologische Führungsrolle zu behaupten, braucht es gezielte Kooperation, gebündelte Expertise und gemeinsame strategische Anstrengungen. Der VDA hat deshalb die Leitinitiative „Autonomes und vernetztes Fahren“ ins Leben gerufen. Die Initiative fördert die kooperative Entwicklung zwischen Herstellern, Zulieferern und Forschungseinrichtungen und unterstützt den Kompetenzaufbau in zentralen Schlüsseltechnologien. Innerhalb der VDA-Leitinitiative entwickeln die Industriepartner gemeinsam Positionen zu Forschungs- und Entwicklungsbedarfen. Die Politik kann diese abgestimmten Positionen nutzen, um Förderschwerpunkte gezielt auszurichten. Durch die enge Zusammenarbeit mit den relevanten Bundesministerien konnte die Initiative die nationale Förderpolitik für AVF stärken und die technologische Entwicklung programm- und projektübergreifend besser verzahnen.

    Schon heute prägen Fahrerassistenzsysteme und teilautomatisierte Fahrfunktionen der Automatisierungsstufen Level 1 und 2 – zusammengefasst unter dem Begriff ADAS (Advanced Driver Assistance Systems) – den automobilen Alltag. Die nächsten Stufen, automatisiertes Fahren auf Level 3 und 4, stellen die Branche jedoch vor deutlich größere Herausforderungen, da die technische Komplexität exponentiell steigt. Bei der Weiterentwicklung dieser Systeme gilt es, die Betriebsum gebungen (Operational Design Domains, ODD) stetig zu erweitern: Dies umfasst unterschiedliche Tages- und Jahreszeiten, Wetterbedingungen, Umgebungen, Verkehrssituationen, Straßentypen sowie das sichere Fahren bei höheren Geschwindigkeiten. Dabei werden sämtliche Fahrzeugkategorien – Pkw, Lkw, Busse und Shuttles – in den Einsatzfeldern Individualverkehr, öffentlicher Personenverkehr und Logistik berücksichtigt. Ziel der Branche ist es, bis zum Jahr 2030 hochautomatisierte Fahrfunktionen (Level 3 und 4) in breitem Umfang serienreif anzubieten.

    Erste wichtige Meilensteine sind bereits erreicht: Nachdem auf UN-Ebene die Grundlage für automatisierte Spurhaltesysteme geschaffen wurde, können diese seit 2021 in Deutschland und Europa zugelassen werden. Das erste Level-3-System kam bei einer maximalen Geschwindigkeit von 60 km/h auf Autobahnen, insbesondere in Stausituationen, zum Einsatz. Anfang 2023 wurde diese Regelung erweitert, sodass nun auch Geschwindigkeiten bis zu 130 km/h sowie automatisierte Fahrstreifenwechsel ermöglicht werden. Mercedes Benz bietet seit 2022, BMW seit 2023 entsprechende Systeme in ihren Oberklassefahrzeugen sowohl in Europa als auch in den USA an. In den kommenden Jahren werden solche Level-3-Systeme und Fahrzeuge in deutlich erweiterten Betriebsumgebungen und bei noch höheren Geschwindigkeiten zum Einsatz kommen – ein weiterer Schritt hin zu vollständig vernetztem und hochautomatisiertem Fahren.

    Künstliche Intelligenz spielt eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen

    In der Fahrzeug- und Zuliefererindustrie kommen KI-Anwendungen bereits entlang des gesamten Wertschöpfungsprozesses zum Einsatz: von Forschung und Entwicklung über Produktion und Vertrieb bis hin zur Fahrzeugnutzung und dem After-Sales-Bereich. Derzeit sind KI-Funktionen vor allem in bestehende Softwarelösungen integriert und dienen der Unterstützung sowie Optimierung etablierter Systeme und Prozesse. Fahrerassistenzsysteme sowie autonome und automatisierte Fahrfunktionen entfalten erst durch den Einsatz von KI ihr volles Potenzial. So kombinieren Kamerasysteme im Fahrzeug Bildverarbeitungsalgorithmen mit KI-Methoden. Ebenso basieren Systeme zur Spracherkennung sowie zur kamerabasierten Müdigkeits- und Aufmerksamkeitsüberwachung auf Künstlicher Intelligenz. Zukünftig wird es auch möglich sein, Fahrzeuge per Gesichtserkennung zu öffnen und zu schließen. Auch in der Fahrzeugproduktion ist KI fest verankert. Sie unterstützt unter anderem die vorausschauende Wartung von Anlagen und Maschinen (Predictive Maintenance) sowie die Optimierung von Prüf- und Qualitätsprozessen. So kann KI beispielsweise anhand akustischer Anomalien erkennen, ob Getriebeteile nicht optimal zusammenpassen. In der Batteriefertigung hilft sie dabei, fehlerhafte Bauteile frühzeitig durch Mustererkennung zu identifizieren. Selbst bei der Entwicklung neuer Felgendesigns werden KI-basierte Verfahren genutzt, um gestalterische und technische Möglichkeiten zu erweitern.

    Mit dem zunehmenden Einsatz von KI stellen sich für die Automobilbranche klassische Fragestellungen in neuer Form. Vor diesem Hintergrund haben sich im Rahmen der VDA-Leitinitiative Autonomes und vernetztes Fahren (VDA LI) Industrie, Forschung und weitere Partner in der sogenannten „KI Familie“ zusammengeschlossen, um gemeinsam die Grundlagen für den sicheren, vertrauenswürdigen und effizienten Einsatz von KI im autonomen Fahren zu schaffen. Im Rahmen dieser Projekte wurde ein Credible Simulation Framework entwickelt, das als Grundlage für den belastbaren Einsatz von KI in der Entwicklung und Validierung von AVF (autonomem und vernetztem Fahren) dient. Darüber hinaus konnte eine umfassende Sicherheitsargumentation als zentraler Bestandteil für einen transparenten Sicherheitsnachweis etabliert werden. Den rechtlichen Anforderungen an die Nachweisführung wird durch die Entwicklung einer sicheren Verhaltensableitung Rechnung getragen. Zudem wurden verschiedene Einsatzbereiche (Operational Design Domains, ODD) einschließlich relevanter und kritischer Szenarien analysiert. Die aus den Projekten hervorgegangenen Formate wie das Pegasus-6-Ebenen-Modell oder das Omega-Datenformat werden heute weltweit in der Entwicklung und Validierung automatisierter Fahrfunktionen.